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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0240
gen zu führen,8 wurde seit Jahren eine nicht minder scharfe Hetze betrieben.
Am 26. 1. 20 wurde der ehem. Reichsfinanzminister durch Pistolenschüsse eines
ehemaligen Fähnrichs nur verletzt, am 26. 8. 1921 auf einem Spaziergang mit
seinem Reichstagskollegen Carl Dietz im Schwarzwald oberhalb von Bad
Griesbach bei einem Attentat tödlich getroffen. Die beiden Mörder, der
Oberstleutnant zur See a.D. Heinrich Tillessen und der ehem. Reserveoffizier
Heinrich Schulz, Angehörige der Organisation „Consul", die aus der Marinebrigade
Erhardt hervorgegangen war, hatten den Mord auf Befehl des ehem.
Kapitänleutnants Manfred v. Killinger im Auftrage des „Germanenordens"
ausgeführt. In der Woche vor seiner Ermordung hatte Erzberger sich auch in
Offenburg aufgehalten: „Sein Besuch galt dem frauenklösterlichen Erziehungsinstitut
, dessen Ordenslehrerin Paula Eberhard aus Rottenburg eine
Schwester der Frau Erzberger ist. Die Gattin erhielt auch im hiesigen Kloster
die Schulbildung ..." (28. 8. 21).

Wie im Reich fanden sich auch in Offenburg die szd. Parteien und das Kartell
freier Gewerkschaften zu einer Protestversammlung zusammen, über die der
„Alte" unter der Überschrift „Wieder ein Volksaufgebot" am 4. 9. kurz berichtete
. Im Anschluß fand eine Kundgebung des Zentrums statt. Das Blatt
nahm zur politischen Situation kein Blatt vor den Mund: „Heutzutage ist der
Mord aus politischen Gründen in Deutschland zur Tugend der Monarchisten
geworden. Die Gegner wurden nach reiflicher Vorbereitung niedergeknallt.
Die Mörder hatten nicht Entdeckung, nicht Strafe zu befürchten. In Zeitungen
hakenkreuzlicher Rohheit einer Stahlhelmverbrecherschaft fordert man in
Prosa und gereimter Sprache zur Ermordung der Gegner auf. Das bleibt unbestraft
. Diese .Teutschen' sind kulturelle Brüder der balkanischen Hammeldiebe
, Pyrenäenbanditen und Orientalen" (28. 8. 21).

Geck, der ursprünglich auf der Protestversammlung in Offenburg hatte sprechen
wollen, wurde beauftragt, namens der Reichstagsfraktion der USP an
dem Begräbnis Erzbergers in Biberach a.d. Riß teilzunehmen und einen Kranz
niederzulegen. In seiner Grabrede forderte er die christliche Arbeiterschaft zur
Unterstützung der sozialdemokratischen auf, die nicht gewillt sei, die Errungenschaften
der Revolution ohne Kampf preiszugeben: „Bei diesen Worten
erhob sich aus der unzähligen Menge, die den weiten Friedhof anfüllte, ein
Beifallssturm, der über das Tal dahinbrauste, in welchem die Partei des Redners
kaum einige Anhänger zählt. Es war der spontane Ausdruck für die Stimmung
in den Volksmassen" (4. 9. 21).9

Killinger, der spätere nat.soz. Ministerpräsident in Sachsen, mußte sich vor
dem Offenburger Schwurgericht wegen Beihilfe zum Mord verantworten und
wurde am 13. 6. 1922 freigesprochen. Was Geck nie mehr vergaß, waren die
Glückwünsche, die Killinger insbesondere von „erstklassiger Schönheit der
besseren Gesellschaft" entgegennehmen durfte: „Der Odem der Rosensträuße
sollte den Modergeruch feiger Bluttat von Griesbach überduften" (18. 8. 22).

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