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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0281
Die nächste Textstelle zitiere ich vor allem deshalb, daß der „geneigte Leser"
wie es früher so schön in den alten Geschichten und Kalendern hieß, selbst etwas
erkennen kann von der inneren Haltung des Autors. „In der Ortenau liegt
ein hoher, dunkler Berg, lang und schwarz dahingestreckt, wie ein ungeheuerer
Riesensarg und bis in den Sommer hinein mit Schneestreifen befleckt.
Dieses gewaltige Felsenwerk heißt man Hornisgrinde. Auf diesem Gebirge
liegt zwischen hohen, stillen Bergwänden ein See, der Mummelsee. Rings um
ihn stehen graue Felsen und schwarze Tannen und in die Höhe und schauen
herab in das tiefe, unergründliche Gewässer. Nur wenig Himmel sieht man
über sich und weit und breit keine menschliche Spur, kein Feld, kein Weg,
kein Laut; wie wenn du der erste Mensch wärest, der diese Einöde betritt. Nur
still wie ein Geist schwebt ein weißer Schmetterling über die Höhe, und dem
Ufer nahe sitzen schwarze Molche unter dem Wasser, wie im stummen Staunen
verloren und erstarrt. Aber kein Fischlein regt sich und lebt in diesem
dunklen Wasser. Nur ein kühles Bächlein drängt sich aus dem See heraus und
sucht zwischen Wald und Feld einen wilden Weg zu den Menschen hinab ins
ferne Tal. Und wenn du dahinsitzest und alles so unendlich still und einsam
um dich ist, und du schaust über den tiefen, grundlosen See hin und zu den uralten
Felsen und melancholischen Tannenbäumen um ihn her, da wird es dir
sehr wunderbar im Gemüte, wie wenn du nicht mehr auf der Erde wärest; und
es kommt dir vor, als wolltest du aus tiefster Seele heraus bitterlich weinen,
lang und ohne Unterlaß und weißt nicht warum." 5

Es ist sehr reizvoll, diese Stelle mit der Beschreibung zu vergleichen, die Grimmelshausen
seinen Einsiedler Simplizissimus von der Höhe der Moos (des
Moosberges im Schwarzwald) hinunterschauen läßt in das Rheintal bis hin
zum Straßburger Münster. Außerdem drängt sich an dieser Stelle und nicht
nur an dieser ein Vergleich auf mit Schilderungen von Adalbert Stifter, vor allem
dort, wo Stifter einen See in seinen heimischen Bergen beschreibt.

Um noch einmal die Beobachtungsgabe und die Wortgewandtheit von Alban
Stolz zu dokumentieren, sei noch ein weiterer Text zitiert:
„Schon im Frühjahr, wo noch nichts grün war, aber Sonnenschein und milde
Luft ihren stillen Segen über Flur und Wald gebetet haben, da hat es auch im
Menschenherz gegärt, als sei der Mai schon vor der Tür und man dürfe nur sagen
: Komm herein. Jetzt aber ist er gekommen. Lug, wie prächtig jetzt die Erde
angetan ist: Schau das Meer der Fruchtfelder, wie wohliger Sonnenwind es
wogen macht zu grünen Wellen, und die rote und blaue Kornblume darin
schwankt, als hörte sie Musik und wiegte wonniglich den Kopf dazu. Ist's vielleicht
die Feldgrille mit ihrem Geigenstrich, ist's vielleicht der Wachtelschlag
zwischen den Furchen, ist's vielleicht das Lerchenlied von blauer Himmelshöhe
herab? Und auf der Wiese, da ist jetzt großer Staat, weiß und rot und gelb
hebt sich üppig stolzer Blumenflor empor über grünem Gras und Kräuterge-

5 ebd.

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