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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0288
nie ersten Ranges gemacht, die sich zu einem Zentrum des deutschen Jugendstils
entwickelte. Sicherlich hat Borst aus den Architekturzeitschriften
Olbrichs Bauten gekannt, deren phantasievoller Formenreichtum noch dem Jugendstil
verhaftet war, ihn aber zugleich bereits im Sinne der kunstgewerblichen
Reformbewegung zu überwinden trachtete. Möglicherweise teilte Borst
aber auch die Kritik, die Hermann Muthesius bereits 1901 anläßlich der Bauausstellung
formulierte, daß nämlich in den vollendeten Raumgestaltungen
der Mathildenhöhe ein praxisferner Luxus vorherrsche.9 Borst aber suchte
nach praxisnahen Lösungen im Bauen und in der Wohnkultur. Zu einem längeren
Aufenthalt auf der Mathildenhöhe kam es nicht, wohl auch aus finanziellen
Gründen. Entscheidender dagegen war für Borst der Einfluß, den er
vor 1914 in München von zwei dort tätigen Architekten in zeitweise enger Zusammenarbeit
empfing: August Exter und Theodor Fischer. August Exter war
ein ideenreicher und konsequenter Verfechter der Villenkolonien, die unter
Hervorhebung der sozialen und ökonomischen Vorzüge des Wohnens im Grünen
seit den 1890er Jahren überall in Deutschland am Rande der großen Städte
entstanden. Es lebte in ihnen ein Rest der Gartenstadtidee des frühen
19. Jahrhunderts fort, wenngleich die sozialutopische Komponente ihrer englischen
und französischen Protagonisten erst wieder von der sozialreformerisch
orientierten, 1902 gegründeten Deutschen Gartenstadtgesellschaft aufgegriffen
und erneut propagiert wurde.

Die Probleme allerdings, die August Exters „deutsches bürgerliches Einfamilienhaus
" aufwarf, sind Bernhard Borst schnell bewußt geworden, als er zwischen
1907 und 1912 in Exters Nähe als Architekt der Terraingesellschaft Neu-
Westend in München-Pasing selbst Einfamilien- und Reihenhäuser entwarf.
Steigende Geländeerschließungskosten zwangen zur Reduzierung des Bauvolumens
, sollten die kleinen „Villen" für die angestrebte bürgerliche Mittelschicht
erschwinglich bleiben. Die abwechslungsreiche, mit Türmchen und Erkern
ausgestattete Architektur Exters über kleiner, unregelmäßiger Grundfläche
erzeugte verwinkelte und teilweise unpraktische Grundrisse. Außerdem
war das freistehende Einfamilienhaus schwer zu beheizen, der Unterhalt des
Gebäudes mit Garten forderte die bürgerlicher Familie, die mehr und mehr
auf Dienstboten verzichtete, zu besonderen Anstrengungen heraus und das
nicht immer zur reinen Freude des Hausvaters.

Das Reihenhaus, von dem Borst mehrere Anlagen in der Form des Gruppenbaues
entwarf, brachte ihn nur teilweise einer Lösung der genannten Probleme
näher. Zukunftsträchtigere Anregungen und Überlegungen erwuchsen
vielmehr aus den Bemühungen um eine in jeder Hinsicht befriedigende Entwicklung
des Geschoßwohnbaues, insbesondere im Umkreis gewerkschaftlich
orientierter Baugesellschaften. Dieser Aufgabe hatte sich der 1908 von Stutt-

9 H. Muthesius, in: Hermann Muthesius, Ausst.-Kat. Akademie der Künste. Berlin 1978, S. 34.

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