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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0358
gen sind, wodurch ihre Überprüfung und ihre
Benutzung für weitere Forschungen erschwert
wird.

H. Sehn.

Gerhard Schildberg, Walter Fuchs, Das
Auenheimer Pfarrbüchlein

Selbstverlag Evangelische Kirchengemeinde
Kehl-Auenheim 1982. 106 S.

Die vor den Toren Straßburgs in dem von Kriegen
vielfach heimgesuchten Hanauerland liegende
Gemeinde Auenheim hat das Glück, ihre
Kirchenbücher von der Reformationszeit bis
heute vor Verlusten bewahrt zu haben. Alle
Pfarrer hüteten stets diesen Schatz und haben
ihn ihren Nachfolgern weitergereicht: ein
Denkmal der Pfarrer, der Gemeinde und der
Einwohner, ein Zeugnis ihrer Beständigkeit.
Die beiden Verfasser legen eine stark geraffte
Zusammenfassung dieser Chroniken vor. Als
Einleitung gibt Gerhard Schildberg einen Abriß
der Geschichte der Pfarrerschaft des Hanauerlandes
. Er zeigt die Grundlagen auf, die
in den Jahrhunderten nach der Reformation
von der Dynastie der Hanauer geschaffen wurden
, mit einem Hinweis auf das Verhältnis des
Pfarrers zur Obrigkeit, auf seine Aufgaben als
Prediger und als Verantwortlicher für die
Schule, auf seine Rolle im Dorf, seine Stellung
als „Freiberufler" im Dienst des Landesherrn,
auf die Frage der Toleranz (abgedruckt in:
„Die Ortenau" 62./1983, S. 83—91).
Seit 1554 hat Philipp IV. von Hanau-Lichtenberg
(1538—1590) nach und nach die Reformation
in seiner Grafschaft eingeführt. Pfarrer
Leonhard Serminger war der erste (statt
nach hier berichtigter früherer Meinung Pfarrer
Fabianus) der langen Reihe von 34 Seelsorgern
in Auenheim, deren Lebensläufe vorgelegt
werden. Im einzelnen erfährt man etwas
von Werdegang, Herkunft, Ausbildung, von
der Ehefrau, der Familie — und für genealogische
Forschung wertvoll — die Lebensdaten,
auch der Kinder. Vielfach sind angegeben Höhe
und Art der Versorgung, in Naturalien oder
Geld. Nebenbei fällt der Blick auf die Kirchenverwaltung
, deren schnelles Arbeitstempo heute
überrascht. Von Seuchen, Krankheiten, von
den Zeitläufen ist die Rede, von den Kriegen,
die die ganze Gemeinde oft genug zur Flucht
auf die Rheininseln zwangen, wo der Pfarrer

schlecht und recht sein Amt ausübte, nachdem
wertvolles Kirchengut, die Glocken vor allem,
hinter den Mauern Straßburgs in Sicherheit gebracht
worden waren.

Durch gute Schulausbildung hat das Gymnasium
in Buchsweiler geholfen, eine eigene
„Zunft" für das Hanauer Pfarramt vorzubilden
, eine eigene Hanauische Tradition zu
schaffen, während die Pfarrer sich früher aus
Straßburg und dem linksrheinischen Hanauerland
, auch aus Wittenberg und Jena, Schlesien
und Lausitz rekrutierten.

Vom Leben des aus Augsburg stammenden
Pfarrers Jeremias Gugger (* 1652), der zur
Zeit des 30jährigen Krieges die Pfarrei betreute
, berichtet G. Schildberg in diesem Heft der
„Ortenau".

Als ein typisches Beispiel für das 19. Jahrhundert
sei Pfarrer Johann Heinrich Förster
(L 1890) genannt, der das 1839 erbaute jetzige
Pfarrhaus als erster bezog und 50 Jahre lang
sein Amt in Auenheim versah. Die Kämpfe der
48er Revolution und in der Folge die Auswanderungen
nach Amerika dezimierten seine Gemeinde
. Er hat in seiner Amtszeit über 2000
Kinder getauft. Damals war die Sterblichkeit
der Kinder hoch, 51 Prozent erlebten nicht das
10. Lebensjahr, wie sein Nachfolger in einer

Statistik festgehalten hat.
Zur Entstehung dieser Arbeit trafen mehrere
günstige Bedingungen zusammen: Lückenlosig-
keit dieses Kirchenbuchbestandes, Interesse
der Gemeinde an solcher Veröffentlichung, die
Walter Fuchs in die Hand nahm, und der wichtige
Beitrag Gerhard Schildbergs, der eine umfangreiche
Doktorarbeit über das Seelsorgeramt
in der Grafschaft Hanau-Lichtenberg (Le
pastorat du Comte de Hanau-Lichtenberg,
Straßburg 1979 und 1980) geschrieben hatte
und auf diese Weise mit dem Thema vertraut
war.

Trotz der Beschränkung auf rund 100 Seiten ist
es den Verfassern gelungen, den Charakter
und den Reiz dieser 34 Lebensläufe wiederzugeben
und einen Einblick in die Entwicklung
der Kirchengemeinde zu bieten.
Über den lokalhistorischen Rahmen hinaus
stellen die Kirchenbücher eine noch weiter auszuwertende
Quelle dar für die Kirchengeschichte
, zumal wenn, wie hier stellenweise geschehen
, auch Visitationsberichte mit herangezogen
werden. Andere Möglichkeiten der Auswertung
bleiben offen als Beiträge zur regionalen
Religionsgeschichte etwa der Reformationszeit
, der Geschichte des badischen Pfarrhauses
überhaupt oder allgemein zur Sozial-
und Kulturgeschichte.

C. H. Steckner

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