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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1984/0022
dessen Tragweite offenbar war: Er zog aus besiedeltem Gelände auf bisher unwegsame
, unwirtliche Höhen. Urbarmachung, Planierung, Wegebau und der
Burgenbau selbst erforderten einen immensen Aufwand. Die Lage in den Wäldern
und auf den Bergen brachte Gefahren und Unbequemlichkeiten mit sich
und zog dauernde hohe Folgekosten für die Zufahrt, die Instandhaltung und
den Betrieb (zum Beispiel für Heizung und Wasserversorgung) nach sich.

Aber der Burgenbau in seiner frühen Phase bedeutete noch mehr: Er war eine
Herausforderung der zentralen Gewalten, des Königtums und Herzogtums,
die bisher die Befestigungshoheit für sich in Anspruch nahmen. Die Burgenbauer
mußten damit rechnen, den Argwohn der Reichsgewalt, vielleicht Gegenmaßnahmen
und Strafexpeditionen auf sich zu ziehen. Sie waren sich im
klaren, sich wie kleine Könige zu benehmen, Selbstherrlichkeit zu demonstrieren
, Autonomie zu beanspruchen, denn die Verfügung über ständig intakte
Militärplätze bedeutet nun einmal Macht, Anteil an der Herrschaft. Das war
denn auch der eigentliche Grund des Burgenbaus.

Der Burgenbau setzte auch eine Zäsur im Verhältnis von Adel und Bevölkerung
. Man kennt das Aussehen der Herrenhäuser vor dem Burgenbau noch
immer nicht, da archäologische Untersuchungen darüber fast ganz fehlen,
sicher aber ist, daß sie vielfach in den Dörfern oder in deren Nachbarschaft
lagen, wenn auch durch Umfang, erhöhte Lage und Absperrungen mittels
Zäunen und Gräben hervorgehoben. Die Adligen nannten sich vor dem Burgenbau
nach den Dörfern und lebten in der dörflichen Umwelt. Der Wegzug
aus den alten Höfen auf die Berge bedeutete eine Distanzierung, wie sie eindrücklicher
nicht möglich gewesen wäre. Die Grafen und reicheren Hochadligen
ließen die Dorfbevölkerung hinter sich, unter sich, lebten von jetzt an erhaben
auf den Gipfeln, durch Höhenunterschiede bis zu mehreren hundert
Metern getrennt. Dies mußte zwangsläufig die ständischen Unterschiede vertiefen
, das Klassenbewußtsein des Adels stärken, der ländlichen Bevölkerung
aber die Unterlegenheit täglich sichtbar machen.

Die Kühnheit des Adels, militärische Anlagen dauernd für sich in Anspruch zu
nehmen und damit die militärische Hoheit des Reiches und der Herzogtümer
zu durchlöchern, setzt die Krise der zentralen Gewalt voraus. Die Anfänge des
adligen Burgenbaus fallen denn auch präzise in eine der schwierigsten Perioden
des hochmittelalterlichen Königtums. Die für die Reichsgewalt verheerenden
Folgen des frühen Todes Heinrichs III. und der langjährigen turbulenten
Vormundschaftsregierung für seinen sechsjährigen Sohn wurden in der Literatur
oft beschrieben. Heinrich IV. hätte wohl dennoch die Chance gehabt,
den Adel in die Schranken zu verweisen — wie es seinem Vater und Großvater
gegen beginnende „Verherrschaftlichungstendenzen" gelungen war —, wenn
er seine verbliebenen Machtmittel besonnen und konsequent eingesetzt hätte.
Er aber überwarf sich mit den Herzögen, indem er sich auf den Adel stützte,
und dann begann der epochale Kirchen- und Kulturkampf des 11. Jahrhun-

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