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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
67. Jahresband.1987
Seite: 52
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1987/0052
Da sei als Beispiel jene Geschichte des Dinglingers Albert Liebert angeführt,
der einst mit Hansjakob zusammen Hirtenbub war. Später wurde er Steinklopfer
, dann Webermeister in Dinglingen. Dort hatte Liebert eine Evangelische
geheiratet. Während er streng katholisch blieb, wurden die Kinder aus dieser
Ehe evangelisch. Das drückte den Vater und zwackte ihn immer wieder. Nun
machte der Dinglinger Gesangverein 1906 einen Ausflug nach Freiburg. Liebert
hatte erfahren, daß Hansjakob dort an St. Martin Stadtpfarrer war. Deshalb
benutzte er den Ausflug, im Pfarrhaus in St. Martin anzuklopfen und Hansjakob
die Sorgen ob seines Seelenheils zu beichten und um Rat zu fragen.
Folgen wir der Familiengeschichte:

,,Isch deine Frau brav und wie lebst du mit ihr?", habe der Pfarrer Hansjakob
Liebert gefragt. Und wie die Kinder zu ihm seien. ,,I hab ä bravi Frau, sie isch
noch Dorfhebamm und hilft flissig mitverdiänä. Dä waisch jo, daß i nix ghet
hab. . . Un d'Kinder sin au brav. . . I bin mit allä z'friede!"

Daraufhin habe Hansjakob gesagt: ,,Ja, Albert, was witt noch mehr?
Meinsch du, dr Herrgott frogt di eines Tags, ob dä katholisch oder evangelisch
bisch? Nein, er wurd di nur froge, was un wiä du uf Erdä g'schafft un
wiä du g'lebt hesch, un demno spricht er sin Urteil. Sei du nur ruhig un leb
weiter in Friedä!"

Hansjakob ließ eine Droschke kommen, fuhr mit dem Jugendgenossen hinaus
zum Waldsee und schenkte ihm das Buch „Aus meiner Jugendzeit". Alle Seelennot
Lieberts war geheilt.4

Der Pfarrer Hansjakob, so will mir scheinen, heilt hier nicht nur durch einen
verstehenden, ökumenischen Rat, sondern auch — vorausgesetzt die in der
Überlieferung gegebenen Zitate stimmen — mit Hilfe der Mundart. In ihr liegt
mehr Güte und Verständnis als in einer sauberglatten, hochdeutschen Antwort
. Hansjakob wußte um diese Bedeutung der Mundart, und er setzte sie
deshalb in seinem Werk bewußt ein.

Hansjakob ist der beeindruckende Schilderer der Heimat und ihrer Menschen.
Seine Gabe, Landschaften und Siedlungen zu beschreiben, fasziniert immer
wieder. Seine Fähigkeit, mit Worten Menschen zu schaffen, ja blockhaft aus
dem gegebenen Stoff herauszumodellieren, bis sie zu Gestalten aus Fleisch
und Blut werden, läßt uns auch heute noch zu seinen Bewunderern werden.

Ein „Bewahrender"

Hansjakob umkreist die Heimat, die für ihn mehr das Dorf, denn die Stadt,
mehr die Schwarzwälder Landschaft, denn die weite Welt ist. Dabei ist er ein
Bewahrender und Verehrender. Ich habe in den 1873/74 erschienenen „Unzeitgemäßen
Betrachtungen" des Philosophen Friedrich Nietzsche unter dem
Kapitel „Nutzen und Nachteil der Historie" Sätze gefunden, die so sehr auf
Hansjakob passen, daß ich sie gerne anführe: „Die Geschichte gehört also

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