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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
67. Jahresband.1987
Seite: 61
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hätten, während ihr Verfahren ein wirkliches Majestätsverbrechen gegen das
Volkstum von Gottes Gnaden ist."12

Viele alte Mundartbegriffe seien ausgestorben, klagt Hansjakob. Während
man zu seiner Jugendzeit einen Schmetterling noch einen „Pfiffholter"
genannt habe, würden jüngere Landleute den Begriff schon nicht mehr kennen.
Deshalb ärgere er sich oft und sage sich: „Ist denn alles mit Blindheit geschlagen
, daß man nicht sieht, wie Schritt für Schritt, im Großen wie im Kleinen,
altes, echtes deutsches Volkstum vernichtet wird?"13

Schon geht es wieder gegen die Preußen: „Seit die Preußen die Führerschaft
auch in Süddeutschland übernommen haben, wird dem alemannischen Dialekt
... ein wahrer Krieg erklärt von vielen ,Jebildeten'. Der Bauernbursche
wird beim Militär ausgelacht, wenn er in seinem Dialekt spricht . . . und das
Maidle, wenn es in die Stadt kommt als Magd, muß hochdeutsch oder preußisch
reden, weil seine Herrin eine dumme Gans ist und meint, es gäbe nur ein
Deutsch, das nämlich, welches sie auf der höheren Töchterschule genossen hat
und in dem die dort verhimmelten Klassiker geschrieben haben."14

Hansjakob ärgert sich auch darüber, daß aus den oberrheinischen Münstern
plötzlich „Dome" werden sollten. Das Freiburger Münster aber, so meint er,
würde seine Pyramide schütteln und sagen: „So lang i leb, heißt's Münster; i
will nix wisse von dem dumme Wort Dom, des bi uns kei Mensch verstoht".
Vielleicht, so argwöhnt Hansjakob, werde diese Änderung aber auch in den
Schulen eingeführt, und in 50 Jahren würden auch „unsere Bauern von dem
Jottvollen, jotischen Dom' in Freiburg" sprechen.

Hansjakob, immer noch bei seinem „Schlenkerer", malt ein kühnes Bild:
„Wahrlich, unser süddeutsches Volkstum ist ein großes Meer, und es geht lange,
bis seine Wasser zersetzt oder ausgeschöpft sind; wenn aber unsere Kultur-
Wüteriche noch lange in obiger und anderer Art hochdeutsch und preußisch
hineinspucken und die seichten Bäche und Bächlein ihres Aufklärichts hineinfließen
lassen, wird schließlich auch jenes Meer versumpfen und nicht mehr
imstande sein, mit seinen frischen Wassern die blasierte Kulturwelt leiblich
wieder aufzufrischen und zu regenerieren."15

Genüßlich macht sich Hansjakob dann im gleichen Atemzug die Auffassung
eines protestantischen Pfarrers zu eigen, daß der Reformator Luther mit
seiner Übersetzung der Bibel in die Wittenbergische Kanzleisprache, die zum
Fundament des Hochdeutschen wurde, die Mundarten zur Seite drückte und
ihre Niederlagen einleitete.

Die Mundart ist eine Majestät

Halten wir Hansjakobs Credo fest: wer der Mundart abschwört und vor allem
die Kinder von ihr fernhält, der begeht Majestätsbeleidigung. Die Mundart ist
für Hansjakob „eine Majestät". Schöner kann man es wohl nicht sagen. Wer

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