http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1987/0062
Heinrich Hansjakob mit einer Trachtengruppe aus Steinach i. K. beim ersten
badischen Trachtenfest in Freiburg 1895
den Mundartgebundenen zwingt, beim Amt, im Gericht oder in der Schule
nur Hochdeutsch zu reden, der will ihn niederhalten, will ihn „für dumm"
verkaufen, will ihn lächerlich, ja auch abhängig machen.
Gestatten Sie mir an dieser Stelle selbst einen „Schlenkerer". Er möge ihnen
zeigen, daß der Kampf, den Hansjakob um die Mundart kämpfte, immer
noch anhält, daß es aber selbst in unseren Tagen neue Hoffnung gibt.
In der Zeitschrift „schwädds" der Mundartgesellschaft Württemberg (Heft
10/1986) habe ich einen köstlichen Beitrag von Norbert Feinäugle gefunden.
Unter dem Titel „Freispruch für die Mundart" berichtet er über einen Fall,
der 1985 vor dem Sozialgericht in Reutlingen abgehandelt wurde. Eine der
Mundart verhaftete Beschäftigte hatte in einem Sanatorium im Schwarzwald,
als sie von der Verwaltungsschwester an den Verwaltungsleiter verwiesen wurde,
gesagt: „Zu dem Seckel gehe ich nicht!" Dies wurde dem Chef hinterbracht,
der sie wegen „vertragswidrigem Verhalten" entließ. Der Sozialrichter, über
den sich Hansjakob diebisch gefreut hätte, brachte zum Ausdruck, daß sich
die Frau durch den Gebrauch des Wortes „Seckel" keiner Achtungsverletzung
schuldig gemacht habe, denn der Ausdruck sei im schwäbischen
Sprachgebrauch „allenfalls eine milde Kritik an der Person oder am Verhalten
einer Person."
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