http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1987/0108
es wer ir ungezeme,
daz sy mich armen neme.
Die adelige, schöne Jungfrau solltet ihr einem anderen Manne geben, der ihr ein ehrenvolles
Leben bieten kann und ihr ebenbürtig ist. Sie ist ja frei geboren: es wäre ihr
unangemessen, mich, der ich von geringem Stande bin, zum Ehemann zu nehmen.
Es fällt auf, daß der Verfasser des,Peter von Staufenberg' an dieser Stelle im
Blick auf die Dame — die immerhin eine Königsnichte und die Herzogin von
Kärnten ist — von ,gezeme' und .ungezeme' spricht, während der ritterliche
Ehemann ,sü mit eren wol mag han".
,Ere' kommt im ,Peter von Staufenberg' eben primär nur dem Manne zu: sie
muß von ihm im Kampf errungen werden. Die Mannesehre strahlt dann aus
auf die höfische Dame und wird — sekundär — zu deren eigener Ehre.
Die Textstelle Z. 1042, in der die Rede ist
von herren und von frowen
die sich da liessent schowen
durch des ritters ere
von Damen und Herren, die gekommen waren wegen des Ansehens, das der Ritter
besaß,
widerspricht dem nicht. Hier ist die höfische Gesellschaft insgesamt gemeint,
so wie auch die Klage Z. 14 als Klage über das mangelhafte ideelle Streben der
höfischen Gesellschaft in ihrer Gesamtheit verstanden werden muß:
wa sind nun frowen oder man,
die . . .wend nach eren ringen?
Wo gibt es heute noch Damen und Herren, die sich um Ansehen in der höfischen Gesellschaft
bemühen?
Auch die Verbeugung des Verfassers vor den Damen der Ortenau
54 da mange schoene frowe
sich lat in eren schovwen
wo viele schöne Damen sich mit edlem Anstand in der Öffentlichkeit zeigen
ist nicht so zu verstehn, als würde ihnen unmittelbar ,ere' zugesprochen. Sie
haben vielmehr die Kraft, in der ritterlichen Ehrensphäre zu verbleiben: sie
sind ,vor wandet behuot' (Z. 57).
Für unsere Deutung dieser Zeilen spricht der Ausdruck , in eren'. Wenn von
der ,ere' des Ritters die Rede ist, heißt es ,mit ere' (z.B. 149, 786, 916) oder
.durch ere'(z.B. 188, 714, 1045).
Der Mann erwirbt und ,hat Ehre' — die Dame lebt ,in Ehren'.
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