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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
67. Jahresband.1987
Seite: 165
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er gar nichts weiß); etwa die Hälfte der Genannten trat schließlich aus dem
geistlichen Stande aus, die Mehrzahl von diesen dann in eine staatliche Stellung
ein, meist im Elsaß oder in der Pfalz, und zwar etwa als Bürochef oder
Chefsekretär, Einnehmer, Kommissar, Notar oder Anwalt, Friedensrichter,
Gerichtsschreiber oder Gerichtsvollzieher.4 Und gewiß wären noch weitere
Namen zu nennen, auch solche, die keiner kennt. So schrieb Carl Julius Weber
in seinem ,Demokritos': „Von zwei französischen Offizieren urtheilte ich
nach der Armbewegung des Einen, daß er vor der Revolution ein fleißiger
Hutmacher, und aus dem Knieschieben des Andern, daß er in einer Kutte gesteckt
sei; man sagte es ihnen wieder, sie lachten, ich hatte Recht; sie suchten
meine nähere Bekanntschaft und waren recht wackere Männer, die in Aegypten
gewesen waren und das Kreuz der Ehrenlegion trugen."5

Doch schon lange vor der Französischen Revolution, nämlich während der
Reformation, hatte sich eine ähnliche Bewegung ausgebreitet, waren viele
Welt- und zumal Ordenspriester zur Gegenseite übergelaufen.6 Es mag genügen
, auf Johann Grawert und Heinrich Pfeiffer hinzuweisen, zwei ehemalige
Mönche aus dem Umkreis Thomas Münzers, die eine nicht nur religiöse,
sondern zugleich politische, revolutionäre Tätigkeit entfalteten. Oder auf
Ambrosius Blarer, den Reformator Württembergs, der Benediktiner und sogar
Prior in Alpirsbach war, bevor er protestantischer Prediger in seiner Geburtsstadt
Konstanz wurde. Schließlich war auch Luther selbst erst Augustinermönch
gewesen.

Es war zu zeigen, daß der Fall Fahrländer kein Einzelfall war; und es ist nun
zu fragen, wie es zu dieser Bewegung, der er zugehört, überhaupt kam. Sicher
hatten manche von denen, die das Kloster verließen, es nur betreten, weil es
ihr einziger Zugang zur Bildung war. Die Orden haben dadurch, daß sie ihn
eröffneten, immer wieder Begabungen entdecken, entwickeln und an sich
binden können, die aus den unteren Schichten sonst nie zutage gekommen
wären — beispielsweise war Fahrländer der Sohn eines Bäckers (Schneider:
eines verarmten Winzers, Bronner: eines Ziegelknechts). Lang ist die Liste
derer, die, wenn auch widerwillig, in dem Orden blieben, der sie gebildet hatte
und ihnen dann eine gute, hochgeachtete Lebensstellung bot; aber es gab offenbar
auch viele, die ihn verließen, um die Bildung, die sie ihm verdankten, außer
ihm oder sogar gegen ihn zu gebrauchen.

Diese Antwort genügt jedoch noch nicht und zwar deshalb nicht, weil sie wohl
den Austritt aus dem Orden, nicht aber den Anschluß an die revolutionäre
Partei erklärt. Freilich mußte einer, der aus dem Kloster kam, der Gegenseite
gerade seiner raren Bildung wegen sehr willkommen sein, zumal diese eine
gründliche dialektische und rhetorische Schulung einschloß. Wer sich — wie
Fahrländer — in theologischen Disputationen behauptet und zugleich auf der
Kanzel bewährt hatte, wer aufgrund seiner seelsorgerischen Praxis wie auch
schon seiner eigenen Herkunft genau wußte, wie der einfache Mann spricht

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