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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
67. Jahresband.1987
Seite: 169
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als diejenigen, die aus bloßer Bequemlichkeit in ihm blieben.22 Ihr Lebensweg
wäre demnach Ausdruck nicht eines Bruchs, sondern einer Konsequenz.

Wieder einmal also sah es (wie schon einmal im Bauernkrieg23) so aus, als sollte
die Heilige Schrift endlich ernst genommen, beim Wort genommen werden.
Nur deshalb konnte sich die Französische Revolution so rasch Bahn brechen:
nur weil so starke, so lange unterdrückte religiöse Unterströme und Untertöne
in sie eingingen.24 Selbst bei ihrer drei-einigen Parole, ihrem Schlagwort und
Schlachtruf zugleich, liegt die einschlägige Abkunft offen zutage. „Es ist
leicht, die revolutionäre Trias ,Liberte, Egalite, Fraternite' als säkularisierte
Theologie zu entlarven. In der Tat, woher anders sollten diese Aufklärer ihre
Weisheit haben als aus der christlichen Wahrheit von der Freiheit der Kinder
Gottes, von der Gleichheit der geschaffenen, gefallenen und erlösten Menschen
und von der Bruderschaft im Reiche Gottes?"25 Und wenn die Kirche
diese Ideale auch längst vergessen haben mochte, so erinnerten doch wenigstens
die Orden noch daran, indem sie auf die Brüderlichkeit und auf die
Gleichheit (wenn auch vielleicht nicht die Freiheit) eben der Brüder höchsten
Wert legten. Als Benediktiner hatte Fahrländer häufig genug das zweite Kapitel
der Ordensregel gelesen, worin der Ordensstifter nicht nur keine sozialen
Unterschiede macht, sondern auch die etwa bereits bestehenden auslöscht;
und er hatte lange genug das Ordenskleid getragen, das dasselbe bewirken
sollte.26 Als er seine Kehrtwendung zu vollziehen schien, ging er eigentlich nur
zum Anfang zurück.

Da ist es dann auch nur noch eine Anmerkung ganz nebenbei, daß man ihn
und seine Gesinnungsgenossen ja .Jakobiner' nannte. Sie hießen so nach dem
Tagungsort der ersten Revolutionäre, dem Jakobskloster am Marche St.
Honore in Paris; aber nach ihm hatten schon die französischen Dominikaner
so geheißen, deren Ursprungsort es ebenfalls war.27 Unmöglich wäre der
Name von den einen auf die anderen übergegangen, wenn nicht gewisse Übereinstimmungen
dazu den Grund gegeben hätten.

Der Fall Fahrländer war demnach fast ein Normal-, zumindest aber ein
Modellfall (freilich ohne daß die bisherige Geschichtsschreibung ihn als
solchen schon erkannt hätte). Er steht nicht für sich allein, sondern für die
vielen Mönche, die in allen Epochen des Umbruchs ihren Orden verließen, um
dessen — und der Kirche — ursprünglichste Intention nur um so radikaler zu
realisieren, und zwar in einer durchaus auch diesseitig und jetztzeitig gemeinten
.Theologie der Befreiung'.28 So einer,

„der vertauscht die Kanzel mit der Gasse
und wettert da in seinem seelsorgenden Hasse
Als Prediger sind ihm gute Wendungen bekannt
und er hat seine Zuhörer ganz in der Hand
Er verändert die himmlischen Gefilde

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