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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
67. Jahresband.1987
Seite: 233
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Und nun erfuhr ich, was nie in meine Seele gedrungen, trotzdem ich nur
4 Stunden vom Durebach daheim bin, erfuhr, daß der Engel Haus und Hof
mit einem zweiten Bauer theilt in vollständigem Communismus und dabei im
tiefsten Frieden.

Beide sind verheirathet, beide haben Kinder, aber beide bewohnen mit ihrer
Familie nur eine Stube, essen an einem Tisch, bearbeiten gemeinsam die
Güter, und was an baarem Geld eingeht, wird redlich getheilt. So haben sie es
von ihren Eltern übernommen und so führen sie es fort. Der Engel ist alt, der
Mitengel jung, jener hat erwachsene Kinder, dieser kleine, aber, wer arbeiten
kann, arbeitet, und wer es nicht kann, lebt von der Arbeit der andern.

An Sonn- und Feiertagen geht, was laufen kann, ein und eine halbe Stunde
weit über die Berge nach Schweighausen oder Welschensteinach in die Kirche;
sonst kommt selten jemand aus dem Thälchen hinaus. Die „Lohrer" sind dem
Engel zu „gescheidt" — zu denen geht er nicht gern; wer was kaufen will, muß
auf den Hof kommen; in die Stadt fahren und seine Waare feil halten, das
thut der Engel nicht.

Ich kam mir unter diesen weltfernen, friedlichen Engelsmenschen vor, wie
Saul unter den Propheten, und ich mußte glauben, daß es noch glückliche
Menschen gebe in unserm irdischen Jammerthal.

Eben war der jüngste Knabe des Engel auf Krücken dahergehumpelt das Thälchen
herauf aus der Schule. Aber auch dieser Krüppel sah heiter und glücklich
aus. Und als ich ihm ein Geldstück schenkte, strahlte er vor Freude.

Ich nahm herzlichen Abschied von diesen friedlichen Sterblichen. Der Engel
ließ es sich nicht nehmen, mich noch eine Strecke bergauf zu begleiten, um mir
den rechten Weg zu zeigen. Doch bald ging ihm der Athem aus; er wollte
immer reden und leidet an Asthma. Ich zwang ihn deßhalb zur Umkehr, nachdem
er mir, „von Weitem" durch die Buchen und Felsen mein Ziel erklärt
hatte. Er dankte noch viel Mal, daß ich ihm auf den Hof gelaufen, und wir
trennten uns mit dem Versprechen des Wiedersehens. —

Aus alten Hofverkaufs- und Leibgedingsverträgen

Leider ist in den im Grundbuch4 eingetragenen Hofverkaufs- und Leibgedingsverträgen
nichts über die Regeln und Gebote enthalten, die ein friedliches
Zusammenleben der in enger Gemeinschaft zusammenwohnenden Familien
garantieren. Die Niederschriften beschränken sich auf das gesetzlich Notwendige
, lassen jedoch durch die Benennung der persönlichen Habe der Leib-
gedinger, der Aufzählung von „Alleinbesitz" und „Miteigentum" sowie der
Beschreibung des Leibgedings indirekt Rückschlüsse über die zwischenfamiliären
Lebens- und Arbeitsverhältnisse auf dem Rothweilerhof zu.

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