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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
67. Jahresband.1987
Seite: 242
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1987/0242
War die Teilung der Bargeldeinkünfte aus Land- und Forstwirtschaft einfach
zu lösen, so fragt man sich, wie die erwirtschafteten Erträge, die sich in Gewicht
, Größe und Qualität unterscheiden, gerecht verteilt wurden. Man staunt
über die einfachen Problemlösungen, erfordern sie doch kaum mehr als Ehrlichkeit
, Vertrauen und guten Willen.

Die Eier nahmen die beiden Bäuerinnen am Abend gemeinsam aus den Legenestern
. Man legte sie in ein Körbchen und stellte dieses in den Kücheschrank;
am anderen Morgen wurden sie dann geteilt. Bei einer ungeraden Zahl bzw.
bei ungleichgroßen Eiern blieb das betreffende Ei im Körbchen bis ein Ausgleich
möglich war.

Auch das Obst wurde gemeinsam geerntet. Während das Mostobst und Brennobst
ungeteilt blieben und erst der Most und der Schnaps aufgeteilt wurden,
erhielt jede Familie nach der Ernte Tafelobst zu gleichen Anteilen. Geteilt
wurde, indem jede Bäuerin abwechselnd aus dem großen Obstkorb stets den
nächst größten Apfel, die nächst größte Birne in ihren Korb legte.

Die Teilung der Brotfrüchte war wieder einfach. Nach dem Dreschen nahmen
die Bauern den Samen für die bevorstehende Aussaat weg, der Rest wurde mit
dem Sestermaaß geteilt.

Schwieriger war die gerechte Verteilung der Kartoffelernte. Zu unterschiedlich
war der Boden auf einem Stück Acker. Es gab den Anfang und das Ende eines
Ackers, die sogenannte „Anwande", die durch das Wenden bei der Saatvorbereitung
und Bepflanzung des Ackers festgefahren und deshalb weniger
fruchtbar war. Oft wies der Acker streckenweise auch schweren oder steinigen
Boden auf. Deshalb teilten die Bauern den Kartoffelacker in senkrecht zu den
Höhenlinien verlaufende Abschnitte auf, die erfahrungsgemäß so gewählt
wurden, daß sich Bodenvor- und -nachteile für jeden Mitbauer wieder ausglichen
, also bodenqualitätsabhängige Ernteeinbußen gemeinsam getragen
wurden.

Christliche Überzeugung und frommes Brauchtum prägten das Zusammenleben
Dem ungeschriebenen Gesetz des Hofes, dem sich jeder Bauer, jede Bäuerin,
der bzw. die auf den Hof einheiratete, unterordnen mußte, regelte nicht nur
die Aufteilung der Arbeit auf dem Hof, die Teilung der gemeinsam erzeugten
Naturalien und die zwischenmenschlichen Verhaltensweisen, sondern schloß
ganz selbstverständlich auch das generationenlange Festhalten an religiösen
Bräuchen und christlichen Sitten ein.

So war es auf dem Rothweilerhof üblich, daß in den beiden Familien vor und
nach den Mahlzeiten, die an getrennten Tischen in dem jeweiligen eigenen
Herrgottswinkel eingenommen wurden, die beiden Mägde laut das Tischgebet,

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