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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
67. Jahresband.1987
Seite: 316
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1987/0316
Fund eines „Agathenzettels" zu Sasbachwalden

Adolf Hirth

Schriftliche Einzelstücke als Erinnerung an das einstige volkstümliche Brauchtum
sind aus vielerlei Gründen rar. Das gilt nicht nur, wenn sie lediglich in einmaliger
Ausführung geschrieben wurden wie etwa ehedem der Taufbrief der
Göttel für den kleinen Erdenbürger. Das trifft auch zu für jene Bitt- und
Segenszettel, die gleich dutzendweise zu besonderen Tagen ausgefertigt wurden
. Einer dieser „Bauerntage", die einen tiefverwurzelten Platz insbesondere
bei der bäuerlichen Bevölkerung hatten, war der 5. Februar, der Agathentag.
In vielen Familien bestand da die Gepflogenheit, sogenannte Agathenzettel zu
schreiben und nach deren Segnung in der Kirche in Haus und Hof anzubringen.

So zahlreich wie diese Amulettzettel ehedem anzutreffen waren, so wenig
haben sich diese Dokumente volksfrommen Brauchtums in unsere Zeit herübergerettet
. Ein glücklicher Umstand brachte nun den Fund eines solchen
Agathenzettels mit sich. Bei der genauen Durchsicht eines alten auf Bürgermeister
Müller (Sasbachwalden) überkommenen Familienbuches stellte sich
ein fein säuberlich geschriebener Agathenzettel heraus, der einen wertvollen
Nachweis über den zu Sasbachwalden ausgeübten Brauch liefert.

Es läßt sich hier am Oberrhein mindestens seit dem 16. Jahrhundert nachweisen
, daß am Agathentag Brot, Wein, Wasser, Früchte und auch Kerzen
geweiht wurden. Dieses Brot, das nach der Volksüberlieferung nie schimmeln
soll, kam dereinst ins „Känsterle", in den Küchenschrank, oder wurde in kleinen
Bissen an die Familienmitglieder und selbst an die Haustiere verteilt. Man
schrieb sogar dem geweihten Agathenbrot die besondere Kraft zu, daß es Feuer
löschen könne, weshalb St. Agatha in früheren Zeiten als die große Schutzpatronin
neben St. Florian verehrt wurde.

Von noch größerer Bedeutung waren die sogenannten Agathenzettel, wie sie
in Baden schon in einem Nachweis vom Jahre 1593 bekannt sind. Das nun
zutage gekommene Sasbachwaldener Exemplar ist ein Stück Papier von einfacher
Form, auf dem lateinisch der Bittspruch steht: „Einen heiligen, freien
Sinn gib uns. Gott sei Ehre und dem Vaterland Rettung. Vor den Schäden des
Feuers schütze uns, heilige Agatha." Darunter sind neben drei Kreuzen die
Segensbuchstaben „C + M + B" angefügt mit dem damit zum Ausdruck gebrachten
Wunsch: „Christus möge dieses Haus segnen." Die Jahreszahl 1832
beschließt die Aufschrift dieses Fundstückes aus Sasbachwalden.

Welch große Beliebtheit sich die Agathenzettel erfreuten, zeigt sich etwa auch
darin, daß von einer elsässischen Druckerei eigens zu diesem Tage hergestellte
Exemplare bis weit in den Zweiten Weltkrieg zu erwerben waren. Sie sollten
laut Anweisung auf der Innenseite der Haustüre angebracht werden.

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