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Ferdinand Huse
Ein Leben zwischen Schwarzwald und Ägypten
Adolf Schmid
1954 starb in Bühl/Baden Ferdinand Huse, ein tüchtiger, energischer und
intelligenter Mann, eine Persönlichkeit von vielseitigen geistigen Interessen.
Sein Lebensweg verlief so ungewöhnlich spannungsreich und doch im letzten
mit großartiger Geradlinigkeit und Konsequenz, daß er es verdient, in Erinnerung
gerufen zu werden gerade im Schwarzwald. Der Fremdenverkehr, den
Ferdinand Huse in maßgeblicher und vorbildlicher Weise mitgestaltet hat, hat
sein Leben über 70 Jahre hindurch geprägt. Dieses Leben mutet uns heute an
wie eine seltene Mischung aus Traum und Wirklichkeit.1
Vom Piccolo zum Hoteldirektor in Luxor/Ägypten
Am 16. März 1870 ist Ferdinand Huse in Hedeper im alten Herzogtum Braunschweig
geboren. Nach der Volksschulzeit wurde er Piccolo im Kurhotel
„Burgberg" bei Bad Harzburg. Als die Lehrzeit vorbei war, bekam er Arbeit
als Saalkellner im Hotel „Zum Deutschen Hause" in der Weifenstadt Braunschweig
, fand Freude und Anerkennung in seinem Beruf und Lob und Ermunterung
vor allem durch ältere Kollegen. Einer von ihnen muß es dem jungen
Mann besonders angetan haben, ein Oberkellner, der schon weit in Europa
herumgekommen war. Dessen Einfluß hat ansteckend gewirkt: 1887 bewarb
sich Ferdinand Huse mutig — und durch Vermittlung des Kollegen auch erfolgreich
— um einen Arbeitsplatz in der Schweiz, im vornehmen Hotel
„Schweizerhof" in Luzern am Vierwaldstätter See.
Es ging ihm dabei gezielt um fachliche Fortbildung und dies freilich in einem
wirklich weitgesteckten Rahmen. So nahm der 17jährige in seiner Freizeit u.a.
auch privat Englisch-Unterricht. Im folgenden Winter suchte und fand er eine
Stellung in einem Londoner Privathaushalt. Aber er kam — natürlich besser
bezahlt — im folgenden Frühjahr zurück in den „Schweizerhof", jetzt schon
als „vierter Zimmerkellner". Seine Englisch-Kenntnisse konnte er nun sehr
gut „an den Mann" bringen. Den Spätherbst und die Wintermonate 1889/90
verbrachte Ferdinand Huse im Schweizer Kanton Waadt, wo er in der Familie
eines Lehrers außer Kost und Wohnung auch noch intensiven Unterricht in
der französischen Sprache bekam. Im folgenden Sommer arbeitete er wieder
— jetzt freilich schon als „dritter Zimmerkellner"! — im Luzerner „Schweizerhof
" der Familie Hauser. Aber den folgenden Winter verbrachte der junge
Mann im mondänen Nizza an der Cöte d'Azur, im „Grand Hotel" am Boulevard
Carabacel. Er nahm dort nicht nur ein heilsames bain linguistique; er
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