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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
67. Jahresband.1987
Seite: 441
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Volkswirt Hagen aus Karlsruhe propagierte bei einer solchen Veranstaltung in
Gengenbach Rationalisierung, Zusammenschluß zu Absatzorganisationen
und Standardisierung der Ware, um Qualitätsanforderungen der Verbraucher
immer gerecht werden zu können.

Es galt, den Bauern lieb gewordene Gewohnheiten zu verändern; dabei schoß
der Referent mit folgendem, vom Berichterstatter wörtlich übermittelten Satz
wohl übers Ziel hinaus: „Die Ware verliert auf diese Weise ihren persönlichen
Charakter, jene innere Verbindung zwischen Erzeuger und Produkt verschwindet
und damit auch alle Nachteile dieser Verbindung."56 Das Ideal
einer agrarischen Industrie kündigt sich in solchen Worten an.

Die Bauern hatten aber näherliegende Sorgen: sie waren total überschuldet.
Die Gläubiger, sei es der Staat, die Banken oder Private, waren zumeist auch
nicht mehr länger bereit hinzuhalten; so waren Zwangsversteigerungen an der
Tagesordnung. Wie heute, so galt auch damals, daß keine Regierung sich
unzufriedene Bauern in zu großer Zahl leisten konnte. So griff sie unter dem
Druck der Interessensverbände zu einer Maßnahme, die nur als Notbremse bezeichnet
werden konnte: dem Vollstreckungsschutz.

Die Ernte von 1931 wurde allerorts als katastrophal geschildert, und so spitzte
sich die Lage im Herbst 1931 zu. Die „Schwarzwälder Post" berichtet am
8. 12. 31 von Forderungen nach Schutzmaßnahmen für die „bäuerlichen
Landwirte" gegen die rigorosen Zugriffe der Gläubiger. Eine Notverordnung
diesbezüglich wurde erlassen, und die Heimatzeitung berichtet am 26. 1. 32
über die Not der Landwirtschaft durch den Gläubigerdruck, „entstanden
durch völligen Zerfall der Preise für die bäuerliche Edelproduktion und durch
die Erntekatastrophe von 1931." Die Landwirte und die staatlichen und privaten
Gläubiger werden aufgefordert, den Vollstreckungsschutz voll auszunutzen.

Die Lage der Bauern war durch einen weiteren Umstand noch verzweifelter
geworden: den Verfall der Holzpreise. Die „Sparkasse des Bauern", sein
Wald nämlich, war wertlos und so ist es auch der Waldbesitzerverband, der
am lautstarksten klagte.57 Ebenso entfiel für die Bauern die Möglichkeit, als
Waldarbeiter Geld zu verdienen, da die Waldbesitzer niemanden mehr anstellen
wollten.58 Forstrat O. Fuchs klagte am 17. 5. 31 auf der Hauptversammlung
des Historischen Vereins, daß durch den veränderten Baustil kein einheimisches
Holz mehr Verwendung finde und forderte, die Fachwerkbauweise
wieder anzuwenden. Bürgermeister Dr. Schumann sprach am 14. 1. 32 bei
einer Waldbesitzerversammlung über die „Auswirkungen der Holzentwertung
auf die Gemeinden".

So stellte sich alles in allem die Lage für die Landwirtschaft als ziemlich trostlos
dar und „der Zusammenbruch der vor kurzem noch gesunden Bauernschaft
"59 schien bevorzustehen.

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