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Das baden-durlachische bzw. badische Schriftgut
Zur Archivgeschichte Baden-Durlachs in der frühen Neuzeit existieren im
wesentlichen nur die summarischen Ausführungen von Manfred Krebs in
seiner Beständeübersicht des Generallandesarchivs30 und die Mitteilungen
von Paul Roth über die Archivare des 18. Jahrhunderts.
Wohl unmittelbar nach dem Tod ihres Vaters 1634 hat Anna Maria von Ho-
hengeroldseck das Archiv der Herrschaft oder zumindest einen großen Teil
davon nach Straßburg in Sicherheit bringen lassen. Sie begründete dies mit
den Unsicherheiten der Kriegszeit (111/252) — die Ereignisse sollten ihr
recht geben. In der rechtlichen Auseinandersetzung mit Österreich, das sie
als Witwe eines protestantischen Heerführers auch der allodialen Bestandteile
der Herrschaft entsetzt hatte, legte sie als Beweismittel nur beglaubigte
Abschriften vor — die Dokumente blieben in Straßburg (111/252). Daß Anna
Maria 1644 die vierte Gemahlin Markgraf Friedrichs V. von Baden-
Durlach wurde31, erklärt sich wohl vor allem aus dem Bedürfnis nach einer
wirksamen Vertretung ihrer Ansprüche auf Hohengeroldseck.
Als Anna Maria 1649 starb, gingen die Geroldseckischen Archivalien an ihren
Alleinerben, den Markgrafen, über. Im Mai 1649 wurde das bisherige
Quartier des Schriftguts, ein Raum im Rappoltsteinischen Hof, versiegelt
(46/5413); im September wurden die Kisten mit den Dokumenten in die untere
Erkerstube des markgräflichen Hofs zum Drachenfels in Straßburg
überführt und dem bisherigen geroldseckischen Registrator Vinther anvertraut
(111/75; 46/5412).
Weitere geroldseckische Archivalien, darunter zwei Laden mit „Origina-
lien" (Urkunden), wurden dem Markgrafen im August 1651 von den Erben
des langjährigen geroldseckischen Advokaten Johann Georg Becht in Straßburg
ausgehändigt, als er eine Besoldungsforderung der Erben befriedigt
hatte (46/5408). Es handelte sich insbesondere um Beilagen zu der von
Becht verfaßten Deduktionsschrift der Anna Maria von Hohengeroldseck:
„Wolgegründete in facto et jure beständige Deduction", datiert Straßburg
29. März 1636 (z.B. in 111/3).
Als Beweismittel in den langwierigen Auseinandersetzungen Baden-
Durlachs mit Cronberg um die Herrschaft Hohengeroldseck spielten die
Unterlagen des Archivs naturgemäß eine besondere Rolle. Bereits 1649 befand
sich ein Teil der Unterlagen in der baden-durlachischen Kanzlei, wo
sie zur Verfechtung der baden-durlachischen Ansprüche benötigt wurden
(46/5413). Wiederholt forderte Cronberg die Auslieferung der geroldseckischen
Dokumente, die die lehenbaren Teile betrafen, doch hatte Baden-
Durlach keinerlei Interesse, seine wichtigsten Beweismittel aus der Hand zu
geben (z. B. 111/253, 254). Ein undatierter, bei 1676 in den Akten eingereih-
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