Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 398
(PDF, 137 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1990/0398
, ,Das Mädchen von Oberkirch' ':

Seine Bedeutung innerhalb Goethes Werken zur Französischen Revolution

Wie auch in seinen anderen frühen, teilweise fragmentarischen Dramen, die
auf dem Boden der Revolution spielen, scheint Goethe im „Mädchen von
Oberkirch" noch um die richtige dichterische Gestaltung des Phänomens
Revolution zu ringen. Aufschlußreich für dieses Bemühen ist die folgende
Bemerkung in einem Brief Goethes an Schiller vom 9. Dezember 1797:

Ich kenne mich zwar nicht selbst genug, um zu wissen, ob ich eine
wahre Tragödie schreiben könnte, ich erschrecke aber bloß vor dem
Unternehmen und bin beinahe überzeugt, daß ich mich durch den bloßen
Versuch zerstören könnte.43

Wie das Schema von „Das Mädchen von Oberkirch" andeutet, hätte das
Trauerspiel, wäre es von Goethe ausgeführt worden, in hohem Maße tragisch
sein müssen. Goethe mag es nicht verwirklicht haben, da er um sein
seelisches Gleichgewicht fürchtete. Noch Jahrzehnte später gesteht er in
einem Brief an Karl Friedrich Zelter vom 31. Oktober 1831: „Ich bin nicht
zum tragischen Dichter geboren, da meine Natur konziliant ist."44 Schließlich
soll eine weitere Äußerung Goethes gegenüber Schiller in einem Brief
vom 6. Januar 1798 zu erklären helfen, warum Goethes frühe Auseinandersetzungen
mit der Französischen Revolution meist Fragmente blieben:
und es ist mir aus manchen Fällen und Umständen recht wohl bekannt: daß
Eindrücke bei mir sehr lange im stillen wirken müssen, bis sie zum poetischen
Gebrauche sich willig finden lassen."45 Bei dem „Mädchen von
Oberkirch" dürfen wir annehmen, daß es Goethe zur dichterischen Ausarbeitung
nicht geeignet erschien. Vielleicht hilft ein Blick auf seine ernsteren
Revolutionsdichtungen, sich den genaueren Gründen dafür zu
nähern. Herangezogen seien dabei der Erzählzyklus „Die Unterhaltungen
deutscher Ausgewanderten" (1794/95), Goethes Epos „Hermann und
Dorothea" und sein Drama „Die natürliche Tochter" (1803).

„Das Mädchen von Oberkirch" ist nicht nur als erster Versuch Goethes, die
Ereignisse der Französischen Revolution in Form einer Tragödie zu gestalten
, von Bedeutung, sondern liefert uns auch in der Figurengestaltung wichtige
Parallelen zu anderen Werken Goethes.46 Einige davon seien im
folgenden angedeutet. Außer dem „Mädchen von Oberkirch" ist sein Zyklus
„Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten" (1794/95) als Zeichen
dafür zu verstehen, daß Goethe glaubte, dem Thema der Revolution durch
Komödien nicht mehr gerecht werden zu können. Die Rahmenhandlung der
„Unterhaltungen" spielt um 1793, als „eine edle Familie"47 aus dem linksrheinischen
Gebiet, das von der Revolutionsarmee besetzt wurde, flüchtet.
Wie im „Mädchen von Oberkirch" gibt es die Gestalt Karls, des Neffen der

398


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1990/0398