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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 403
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Alfred Döblins Baden-Badener Jahre

Reiner Haehling von Lanzenauer

Der berühmte Schriftsteller Alfred Döblin hat, was nur wenige wissen, einen
bedeutsamen Lebensabschnitt in Baden-Baden verbracht. Er war 1878
in Stettin geboren, in Berlin aufgewachsen, studierte Medizin, ließ sich im
Berliner Osten als Nervenarzt nieder. Ab 1906 veröffentlichte er eine Reihe
von Prosawerken wie „Die Ermordung der Butterblume" (1913), „Die drei
Sprünge des Wang Lu" (1915), ,,Berge, Meere und Giganten" (1924) und
den Roman „Berlin Alexanderplatz" (1929), in dem er die kriminelle
Karriere des Franz Bieberkopf milieugetreu schilderte. Dies war das wirkungsvollste
und auflagenstarkste Buch Alfred Döblins. Nach Hitlers
Machtergreifung mußte die jüdische Familie ihre Heimat verlassen. Über
die Schweiz führte der Weg nach Paris, wo Döblin, seine Frau und seine
Söhne die französische Staatsbürgerschaft erlangten. Beim Einmarsch deutscher
Truppen in Frankreich fand der Sohn Wolfgang als französischer Soldat
den Tod, das Ehepaar und ein Sohn konnten sich per Schiff in die
Vereinigten Staaten retten. Nach Kriegsende reiste Döblin in die Seinemetropole
zurück. Während seine Frau dort wohnen blieb, fuhr er am 9. November
1945 allein mit dem Zug über Straßburg in das französisch besetzte
Baden-Baden. Er kehrte zurück in das Land, das er vor zwölf Jahren verlassen
mußte: „...Nun große Häuser, die ersten Menschengruppen, ein
Trupp Soldaten, die Trikolore weht. Ich lese ,Steinbach / Baden', .Sinzheim
', ,Baden-Oos'. Der Bahnhof ist fürchterlich zugerichtet, viele steigen
um. Baden-Baden. Ich bin am Ziel. Am Ziel, an welchem Ziel?"1 Noch
am Tage der Ankunft schrieb er seiner Frau: „Es regnete. Niemand erwartete
mich am Bahnhof, also marschierte ich zum Hotel Stefanie, das man
mir als Sitz der ,Education' bezeichnet hatte; 20 Minuten Fußweg. In der
Stadt - wenig Menschen, 90 % der Läden geschlossen, es gibt keine Eleganz
mehr in Baden-Baden .. ."2

Die einstige Sommerhauptstadt, am 12. April 1945 von der französischen
Armee eingenommen, dient seither als Hauptquartier der Militärverwaltung
. Döblin tritt in die Direction de l'Education Publique ein. Sie ist die
Schaltstelle der französischen Kulturpolitik für die Zone, geleitet von dem
Germanisten Raymond Schmittlein. Die Behörde untergliedert sich in fünf
Abteilungen: Hochschulwesen, Schulen, Jugend/Sport, Ausarbeitungen/
Dokumentation / Zensur sowie Kunst. Deren Unterabteilung bildet das Bureau
des Lettres, das Döblin übertragen wird. Er umschreibt seine Tätigkeit
als Lektor für neue Werke der deutschen Belletristik, Lyrik, Epik und Dramatik
. In gewissem Rahmen hat er dabei fraglos Zensur ausgeübt, denn die

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