Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 406
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nahen Rheinstraße die überfüllte Straßenbahn zu besteigen. Sie bringt ihn
in die Innenstadt, zu seinem Büro in Brenners Stephanie-Hotel an der Lichtentaler
Allee. Häufig kann man Döblin bei französischen, zuweilen auch
bei deutschen Vorstellungen im Kleinen Theater antreffen. Der gedrungene
Mann mit der starken Brille, stets in Uniform gekleidet, sitzt dann vorne
in der ersten Reihe oder in der Proszeniumsloge. Nur selten begleitet ihn
seine Frau, der die Leute nachsagen, sie könne die Deutschen nicht ausstehen
.

Von Anbeginn seiner Tätigkeit sucht Döblin den Kontakt zu deutschen
Schriftstellern. In Baden-Baden trifft er sich häufig mit dem Stadtchronisten
Heinrich Berl. Er bewundert dessen Frau, die alle Krankheiten mit selbst
gesammelten Waldkräutern kuriert, dazu das reinste Badisch beherrscht,
das dem ehemaligen Berliner je zu Ohren gekommen ist.8 Wiederholt begegnet
Döblin dem ebenfalls am Orte wohnenden Schriftsteller Otto Flake.
Der wiederum hat Döblin als einen Großstadtmenschen bezeichnet, der
kein Verhältnis zu den süddeutschen Dingen haben könne, weder zur Landschaft
noch zur Gemütslage der Menschen. Den Schriftstellerkollegen trete
er in der Uniform des Okkupanten gegenüber, gebe sich jedoch jede Mühe,
gerecht und wohlwollend zu sein.9 Zu dem aus Baden-Baden stammenden,
jetzt in Freiburg lebenden Dichter Reinhold Schneider, dem mutigen Mahner
aus Zeiten der Bedrängnis, unterhält Döblin über Jahre vertraute Beziehungen
. Im November 1947 besucht er Schneider in dessen Freiburger
Wohnung, dann gehen Briefe hin und her. Als Reinhold Schneider zu Beginn
der fünfziger Jahre wegen seiner Parteinahme gegen eine deutsche
Wiederbewaffnung öffentlich angefeindet wird, bekennt sich Döblin zu dem
Friedensstreiter.10

Döblin geht es darum, jetzt, wo der Druck der Nazidiktatur gewichen ist,
hier im südwestdeutschen Raum eine freiheitliche Entwicklung des literarischen
Lebens in Gang zu bringen. Zu diesem Zweck nimmt er mit zahlreichen
Schriftstellern zunächst brieflich Verbindung auf, erneuert alte
Bekanntschaften, schließt neue. Alfred Döblin möchte den deutschen Autoren
eine gemeinsame Gesprächsebene eröffnen, zugleich ausländische
Dichter vorstellen, weshalb er ab Oktober 1946 die Kulturzeitschrift ,,Das
Goldene Tor" herausbringt. Sie soll ein Gegenstück bilden zu den aufkommenden
Literaturmagazinen der benachbarten amerikanischen Besatzungszone
. Daß man da die neue Reihe ausgerechnet nach dem Golden Gate von
San Francisco benennt, ist wohl keine sonderlich konsequente Namenswahl
. Jedenfalls hat die Zeitschrift in den fünf Jahren ihres Bestehens beträchtliches
Ansehen erlangt. Viele bekannte Schriftsteller sind dort zu
Wort gekommen wie Bertolt Brecht, Otto Flake, Wilhelm Hausenstein, Annette
Kolb, Ilse Langner, Rudolf Leonhard, Reinhold Schneider, Leopold
Zahn und — zurückhaltend — der Herausgeber Döblin selbst. Im Novem-

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