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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 408
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Gedächtnis.14 Im Hause Quisisana wird der illustre Patient von den Ärzten
Dr. Johannes Junkersdorf und Dr. Max Hedinger betreut. Letzteren kennt
Döblin von zahlreichen Baden-Badener Zusammenkünften der Nachkriegszeit
her. Von der Baden-Badener Kur muß Döblin zurück in die Freiburger
Klinik gebracht werden. Der Leidensweg führt von jetzt an über häufig
wechselnde Aufenthalte in Krankenhäusern, Erholungsstätten bis in das
Landeskrankenhaus Emmendingen bei Freiburg. Der Baden-Badener Arzt
Dr. Junkersdorf ist dem sterbenskranken Dichter begegnet: ,,Müde, zerschlagen
, entkräftet und abgemagert, sah ich Döblin einige Wochen vor seinem
Tode. Keineswegs unversöhnt, wie man sich oftmals über ihn mokiert,
oder gar mit seinem Schicksal grollend, war er heimgekehrt vom ,Sturm'
zum ,goldenen Tor'. Voller Mut und mit großem metaphysischem Drang
war er um ein ,Neues' bemüht. Fast glaubte man als Arzt und auch als Kollege
und Freund, daß er jeglichen Sinn für Krankheit und Tod noch nicht
wahrhaben wollte".15 Am 26. Juni 1957 um 12 Uhr mittags verstirbt Alfred
Döblin in Emmendingen. Zweieinhalb Monate später sucht seine Witwe
Erna in Paris den Freitod. Auf dem kleinen Dorffriedhof von Housseras in
den Vogesen haben die Eheleute ihre letzte Ruhestätte gefunden, neben dem
Grab ihres Sohnes Wolfgang.

Die ruhelose, die glücklose Schicksalsreise war zu Ende. Sosehr Döblin
dem deutschen Kulturleben der Nachkriegsjahre Impulse zu geben vermochte
, sowenig hat er mit eigenem literarischem Schaffen wieder Fuß fassen
können. Die nach 1945 in begrenzter Auflage herausgebrachten Bücher
fanden statt Resonanz bloß höfliche Aufmerksamkeit. Sein letzter Roman
,,Hamlet oder Die lange Nacht nimmt ein Ende" konnte zu Lebzeiten des
Autors nur in der DDR veröffentlicht werden, erst nach Döblins Tod kam
es in der Bundesrepublik wenigstens zu einer Lizenzausgabe. Alfred Döblin
hatte denn auch bereits im September 1953 nach seinem Umzug in die französische
Hauptstadt dem befreundeten Ehepaar Hedinger in Baden-Baden
geklagt: ,,... und meine Produktion: Herder läßt ,Nov. 18' verramschen,
Neues von mir wird refüsiert, auch m. ,Hamlet' — so bin ich am Ende wieder
Emigrant".16 Die Zeit war an dem heimkehrenden alten Manne vorbeigegangen
, seine Stimme fand kein Gehör mehr ...

Anmerkungen

1 Schicksalsreise, 1949, S. 400.

2 Brief v. 9. 11. 1945 in: Alfred Döblin 1878-1957, Ausstellungskatalog Deutsches Literaturarchiv
im Schiller-Nationalmuseum Marbach, 2. Aufl. 1978, S. 427.

3 Döblin, Autobiographische Schriften und letzte Aufzeichnungen, 1980, 2.490.

4 Zur Funktion Döblins vgl. Birkert in: Frankreichs Kulturpolitik in Deutschland,
1945-1950, 1987, S. 181.

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