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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 444
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Deutschland hoch, aber so hoch er es bringt, so tief wird es zerschmettert
werden. Dieser Mann ist Hitler!' Und er beschwor meine Mutter, Hitler,
diesen Antichristen, nicht zu wählen."15

Indes mußte Wilhelm Kasper miterleben, wie sein Bruder Franz sich der
NSDAP anschloß und 1933 nach der Absetzung des Zentrumsbürgermeisters
Josef Engelhard Gemeindeoberhaupt wurde (der andere, noch lebende
Bruder Josef hatte sich in den 20er Jahren den Kommunisten angeschlossen
). Wilhelm Kasper kam mit der nationalsozialistischen Propaganda hautnah
in Berührung: Der spätere Kreisbauernführer Gmeiner aus Bottenau
hielt, auf einem Pritschenwagen stehend, im Hof gewissermaßen unter dem
Fenster Wilhelm Kaspers, Reden. Familiäre Rücksichten hinderten Wilhelm
Kasper freilich nicht daran, sich kritisch mit dem NS-System auseinanderzusetzen
. Franz Kasper gibt später bei Gericht zu Protokoll: ,,Daß er (Wilhelm
) das nationalsozialistische Gedankengut nicht in sich aufnehme, sei
darauf zurückzuführen, daß er nur in gleichgesinnten Kreisen zu verkehren
pflege... Hier nimmt er auch keine Rücksicht auf seinen Bruder, der Bürgermeister
und Stützpunktleiter, obendrein noch altes Parteimitglied ist.
Sein religiöser Fanatismus geht ihm über alles."15 Wilhelm Kaspers Engagement
nahm in dem Maße zu, wie die Nazis die katholische Kirche verfolgten
und die Juden diskriminierten: ,,Er (Wilhelm) befaßt sich in
ungewöhnlichem Maße mit religiösen Fragen und schreibt bis in die Nacht
Briefe an Zeitungen."17 Franz Kasper und seine Frau beginnen, Wilhelm
die Briefe wegzunehmen. Mag auch die Angst des NS-Bürgermeisters um
das eigene Image in der Partei eine Rolle gespielt haben, so kann man ihm
sicher zugute halten, daß er die Gefahr erkannte, in der sein Bruder schwebte
. Aber ein Brief passiert die „familiäre Zensur" und erreicht 1936 den
„Führer-Verlag" in Karlsruhe.

Die Signatur des Schlachtochsen

Der Inhalt des Briefes hat die Verhaftung Kaspers und eine Gerichtsverhandlung
zur Folge. Kasper schreibt u. a.: „Sie haben vielleicht auch den
Ausspruch des berühmten schwedischen Kanzlers Oxenstierna gehört, daß
es einmal ein großes Staunen geben wird, wenn am Jüngsten Tag offenbar
wird, mit wieviel Dummheit die Völker regiert werden. Der Dreißigjährige
Krieg war nichts anderes als ein großer Blödsinn. Aber es lebten halt damals
lauter Ochsen, Stiere und anderes Schlachtvieh. Der Mastochse und
der Stier drängt zum Schlachthof, heute wie Jahrtausende vor und nach
Christus. Auch Sie und Ihre Bewegung machen keine Ausnahme. Ja, mir
scheint gerade, Ihre Bewegung hat als erhabenstes Prinzip die Signatur des
Schlachtochsen auf ihre Stirne geprägt. Die Juden- und Schwarzenverfol-
gungen sind ein Beweis, der nie trügt."18

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