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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 472
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im Umfeld von Grafeneck und anderen Vernichtungsstätten die Vorgänge
bekannt wurden und die Tötungen in der Bevölkerung auf große Mißbilligung
und Ablehnung stießen. Mit der Zunahme des Protestes aus Kirchen-
und Parteikreisen im Verlauf des Juli 1940 zeichnete sich die Tendenz ab,
mit einem geeigneten Film vor allem die christliche Denkweise zu unterlaufen
und damit dem Protest die Spitze zu nehmen. Die Verantwortlichen bevorzugten
ab Mitte 1940 eine Spielfilmlösung. Zeitgleich liefen die bereits
erwähnten Beratungen für ein Euthanaise-Gesetz auf dessen Billigung durch
die Bevölkerung eine unverdächtige Spielfilmhandlung einstimmen sollte.88

Die Drehbuchautoren arbeiteten zunächst an einer Neudefinition der Rolle
des Arztes bei der „Sterbehilfe": Der Arzt als schmerzlindernder Wohltäter
wird gegenüber unheilbar Kranken zum Vernichter, der die Erlösung
bringt. Der Verlauf der Bearbeitung des Stoffes für den Film ,,Ich klage an"
ließ eine zunehmende Konzentration auf das Problem der Euthanasie bei
gleichzeitiger Rücknahme allzu offener verbaler Äußerungen erkennen.89

In dem Spielfilm „Ich klage an" wird die Tötung einer an Multipler Sklerose
erkrankten Frau als erlösende ärztliche Hilfe inszeniert und eine gesetzliche
Regelung für die Euthanasie gefordert. In einer Nebenhandlung wird
die Frage der Vernichtung „unwerten Lebens" aufgebaut und im Ansatz
ebenso als erlösende Maßnahme dargestellt.

Die Transporte in die Gaskammern

Die Evakuierung der Korker Anstalt nach Stetten

Die Korker Anstalten wurden bereits unmittelbar nach dem Beginn des
Zweiten Weltkriegs in der Nacht vom 3. /4. September 1939 nach Stetten
im Remstal evakuiert. Zu den etwa 750 Bewohnern in Stetten kamen buch-
täblich über Nacht mehr als 300 Personen hinzu.

In den Räumen der Korker Anstalten waren in der Folgezeit deutsche Truppen
einquartiert.

Während der Zeit in Stetten wurde die Anstalt in Kork vom ersten tödlichen
Schlag gegen kranke und behinderte Menschen getroffen. Die Geheimhaltung
der geplanten Tötungen war bis zum Frühsommer 1940 weitestgehend
erfolgreich geblieben. Die Korker Anstaltsleitung hatte außer vager mündlicher
Gerüchte über Versuche an Patienten in einer württembergischen
Anstalt nichts gehört, was Argwohn gegen die geplante Verlegung hervorgerufen
hätte.90

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