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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 498
(PDF, 137 MB)
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Rückblickend meint Reitinger: „Es ist Unrecht geschehen in diesen Tagen
und neues Leid über manche Familien gekommen..., aber wir werden
wohl versuchen müssen, es im Geiste der Sühne zu tragen." (S. 191).

Am Montag, dem 7. Mai, erfährt Reitinger über Rundfunk von der bedingungslosen
Kapitulation der Wehrmacht und bemerkt hierzu: „Nun ist es
so weit: das Blutvergießen, das schon seit langem sinnlos geworden war,
hört auf, aber der Weg, der nun vor dem deutschen Volke liegt, wird ein
schwerer und dornenvoller, ein wahrer Kreuzweg sein. Die Herrschaft der
Nazis sind wir los, aber der Preis, den das deutsche Volk dafür zahlen mußte
, ist ein wahrhaft furchtbarer." (S. 197).

In Reinhold Schneiders Sonett vom 27. November 1945, das Reitinger in seine
Chronik eingefügt hat, kommt diese furchtbare Last und Verpflichtung
zum Ausdruck:

Stimme der Toten

Ihr haltet Friede! Sprecht ein heilig Wort
Durch Euer Leben aus! Verlorne Schlacht
ist nur ein Anfang. Lebet nun die Macht
der Kinder Gottes an des Frevels Ort!

In den Geschlagnen grünt das Leben fort.
Wir sind das Ende, Haß und Todesnacht
Durchbricht die Schuld nur, die als Schuld erwacht:
So wurde euer schuldig Herz zum Hort.

Doch haltet's stille! Geht am Straßensaume
Der Beter Pfad und grüßt den Staub, da wir
grablos vergehn wie der befleckte Ruhm.

Von innen baut an weitgewölbtem Räume,

daß wir geborgen sind! So seid es ihr.

Bergt uns und Eures Lebens Heiligtum! (S. 226).

In der Folgezeit versucht man, gute Kontakte mit den französischen Besatzern
zu pflegen, um so halbwegs erträgliche Verhältnisse zu erreichen. Auch im
kirchlichen Bereich sind die Franzosen freizügig: Durchführung der Prozessionen
, freie Entfaltung des religiösen Lebens, Durchführung des Religionsunterrichts
— es soll alles sein, wie es vor 1933 gewesen ist. Trotzdem: Immer
wieder kommt es zu Übergriffen, gibt es Plünderungen und weitere Vergewaltigungen
. Überzeugte Nationalsozialisten werden verhaftet und nach
Lahr überfuhrt. Manche Forderungen der Besatzer sind schwer und unerfüllbar
: ,,... jede Haushaltung und jede einzelstehende männliche Person
muß für die zwangsverschleppten Ausländer im ganzen besetzten Gebiet abgeben
: Ein Herrenanzug, bestehend aus Rock, Weste und Hose, 1 Mantel,
1 Hut, 1 Hemd mit Kragen, 1 Paar Socken und 2 Taschentücher. Vielen

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