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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 665
(PDF, 137 MB)
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der Jakobuskirchen in Steinbach —, aber
auch der Profanbauten (Ulrich Huber
u.a.). Ein Teil mit Sagen, Anekdoten und
Erzählungen (Michael Binz, Josef Häßler
u.a.) sowie einer äußerst nützlichen Aufstellung
von Münzen, Gewichten und Maßen
(Ursula Schäfer) schließen den Band
ab.

Der Ehrgeiz, umfassend zu informieren,
zwingt zu Variationen in der Form, weshalb
knappe, auch tabellenförmige Übersichten
mit Texten im berichtenden und
erzählenden Stil abwechseln. Das Buch ist
reich illustriert, und wer Freude an historischen
Darstellungen hat, wird darin mit
großem Genuß blättern.

Karl Maier

Heinz G. Huber, Ortenauer Lebensläufe.
Zeitgeschichtliche Episoden von der
Jahrhundertwende bis in die fünfziger
Jahre. Edition Klaus Isele, Eggingen
1989, DM 22,-

Alltagsgeschichte und „Oral History" haben
in den letzten Jahren besonders in der
regionalgeschichtlichen Forschung einen
hohen Stellenwert erhalten. Der Alltagsansatz
zusammen mit der „Oral History" entspricht
einem in vielen gesellschaftlichen
Bereichen artikulierten Bedürfnis nach
mehr „Subjektivität". Diese verlangt nach
einer Geschichtsschreibung, die nicht nur
Kenntnisse vermittelt, sondern „betroffen"
macht.

Wer die von Heinz G. Huber gesammelten
„Ortenauer Lebensläufe" gelesen hat, wird
seine Betroffenheit nicht verbergen können
, denn sie spiegeln in vielen Einzelschicksalen
die Geschichte der Ortenau-
landschaft in den vergangenen 90 Jahren
wider, eine Geschichte, in der es wenig
Licht, aber um so mehr Schatten gab. Der
Verfasser hat eine Fülle zeitgeschichtlichen
Materials ausgebreitet. Außer der „Oral
History", also mündlichen Quellen, wurden
vor allem Briefe, Schulhefte, Tagebücher
, Lebensläufe, Bewerbungsschreiben,
Protokolle und Aufzeichnungen aus Archiven
, Zeitungsberichte sowie Zeitungsanzeigen
ausgewertet, welche immer wieder die
Zeitgeschichte als erlebte Einzelschicksale
darstellen; denn im Alltag der Individuen
zeigen sich die gesellschaftlichen und politischen
Verhältnisse und die große Politik
im charakteristischen Detail.

Der übersteigerte Militarismus um 1900 in
den Gemeinden der Ortenau im Zeitalter
des imperialistischen Wettrüstens wird genauso
erfahrbar wie die entbehrungsreichen
Wanderjahre der Handwerksgesellen
zu Beginn unseres Jahrhunderts. Die
Kriegsbegeisterung im Ersten Weltkrieg,
die Schrecken dieses Krieges in den Kämpfen
um den Hartmannsweilerkopf, die Niederlage
1918, die anschließende Novemberrevolution
in Offenburg, die Ermordung
Matthias Erzbergers in Bad Griesbach, die
französische Besetzung von Kehl, Offenburg
und Appenweier, das schlimme Inflationsjahr
1923 werden lebendig geschildert.

Dabei werden vor allem auch Einblicke in
das Arbeitermilieu in den zwanziger Jahren
gegeben; unbeschreiblich die Frauenarbeit
in einer Papierfabrik in Oberkirch. Einblicke
in einen jüdischen Haushalt in Friesenheim
bieten die Erlebnisse eines Dienstmädchens
. Zum Erscheinungsbild der
Ortenauer Dörfer gehörten die Viehjuden,
denen massive Vorurteile entgegenschlugen
. Auch ihre Tätigkeit wird durch Zeitzeugen
beschrieben. Der größte Teil der
Dokumentation umfaßt die Zeit des Nationalsozialismus
. Begeisterung für Hitler in
der Ortenau, aber auch Anpassung und Widerstand
werden erläutert. Bedrückend
sind die Erlebnisse eines Pfarrers im KZ-
Dachau, entsetzlich die Leiden der Häftlinge
in der „Hölle von Haslach", den beiden
Konzentrationslagern, die 1944/45 in Haslach
i. K. eingerichtet wurden. Hitlerjugend
, Arbeitsdienst, der Bau des Westwalls
, die Erlebnisse vieler Soldaten im
Zweiten Weltkrieg, die Evakuierung der
„Westwallzigeuner" werden in zahlreichen
mündlichen und schriftlichen Quellen dem
Leser anschaulich vor Augen gestellt. Ein
besonders beklemmendes Kapitel gilt der
Verfolgung der Juden in der Ortenau. Welche
Schrecken der Bombenkrieg, die pausenlosen
Angriffe der Tiefflieger gegen

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