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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 116
(PDF, 143 MB)
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(verglichen damit vermittelt der Bericht der — in der Regel männlichen —
Hagiographen oft den Eindruck, daß sie aufgrund ihres theologischabstrakten
Verständnisses der Dinge besser zu wissen meinen, was in diesen
Frauen vorgeht, als diese selbst).

Obwohl GvO keine historische Information im eigentlichen Sinn bringt,
zeigt ein Vergleich mit dem aus anderen Dokumenten bekannten Ablauf der
Ereignisse dennoch seine Treue in bezug auf den Zeithintergrund.

Auch bei zeitlichen Angaben ist die Vita über alle Erwartungen genau, und
sieht man von erzählerischen Vor- und Rückgriffen ab, die sich vor allem
durch das thematische (und nicht chronologische) Fortschreiten des Textes
erklären, so sind diese Angaben auch untereinander weitgehend widerspruchsfrei
.

Wohl wurden bei ihrer Bearbeitung Anordnung und Sinnzusammenhang
der einzelnen Episoden einem bestimmten Kompositionsprinzip unterworfen
, nicht aber die einzelnen, sich auf geographische, biographische oder
historische Details beziehenden Aussagen selbst, so wenig wie die darin
enthaltenen relativen Zeitangaben.

In theologischer Hinsicht scheint die Vita weitgehend die Position Meister
Eckharts zu spiegeln.

Eine in größerem Zusammenhang durchgeführte vergleichende Analyse
hätte vor allem noch zu klären, ob die Vita in ihren biographischen und historischen
Eigenheiten über vergleichbare Texte der Gattung hinausgeht
oder ob sie dem in der Gattung üblichen, sehr weit gehenden Legendarisie-
rungsprozeß im Zuge des (wiederholten, bearbeitenden) Abgeschriebenwerdens
, aus welchen Gründen auch immer, weniger unterworfen war und
die uns überlieferte Fassung damit ein vergleichsweise frühes Stadium der
Textentwicklung repräsentiert.

Durch eine Menge bisher unbekannter Details liefert GvO in vielen Punkten
eine zeitgenössische Bestätigung für in der Forschung schon geäußerte Vermutungen
und Hypothesen. Die in der Vita in Erscheinung tretenden, zwischen
Privat- und Ordensleben stehenden Organisations- und Lebensformen
der Beginen wurden — aufgrund diverser Verkaufs- und vermögensrechtlicher
Urkunden — schon lange angenommen, konnten aber, da es sich bei
den Gemeinschaften um halb private Vereinigungen handelte (deren Mitglieder
oft allein oder bei ihren Familien lebten), vor allem in kleineren
Städten urkundlich kaum je nachgewiesen werden. Für Gemeinschaftshäuser
wichtige Belege wie Legate und Sterbelisten sind meist nicht vorhanden.
Legate an solch lockere, kaum organisierte Gruppen waren naturgemäß selten
und noch seltener von hinreichendem materiellem Wert, um in Urkunden
aufzuscheinen193, Sterbelisten wurden außerhalb der Samnungen nicht

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