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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 191
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den Betrachter ja nicht, sofern der zerteilte Mantel nicht mit dem fliegenden
Mantel des heiligen Georg und der bettelnde Krüppel des heiligen Martin
nicht mit dem Lindwurm der beiden Drachentöter verwechselt werden
kann.

Daß auch ähnliche Identifikationsprobleme im Ausland zu beobachten sind
und auch schon beobachtet wurden, mögen die folgenden Notizen veranschaulichen
.

Man weiß, daß bereits im Jahre 1244 mehrere im heutigen Beneluxgebiet
liegenden Städte es zu einem kommunalen Siegel gebracht haben, darunter
Löwen, 's-Hertogenbosch, Tienen (Tirlemont), und sogar schon ein Dutzend
Jahre vorher Antwerpen und Brüssel. Brüssels Erzengel Michael tritt
den Drachen erstmals im Siegel von 1467 nieder, sodaß hier eine gewisse
Zeitgeistparallelität in Erscheinung tritt, die sich — ebenfalls — stilistisch
fortsetzt, indem der Engel sich seit 1567 als altrömischer Krieger darstellt.
Die in dieser Beobachtung steckende Fragestellung hat bereits Max
Servais28 erkannt, indem er sein Wappenbuch der Provinzen und Gemeinden
von Belgien auch nach Motiven geordnet hat und hierbei den Erzengel
Michael getrennt, aber sonst alle heiligen Männer zusammen als Gruppe
behandelt, aus der die Identifikationskriterien abzulesen sind (S. 313—314).

In der Versammlung am 12. Juni 1989 der Hauptverwaltung der im Westen
der Provinz Groningen gelegenen Wasserschaft ,,Westquartier" wurde die
Einführung einer eigenen Flagge beschlossen; abgeleitet vom Wappen der
genannten Wasserschaft Westquartier. Geviert in 1 und 4, in Silber St.
Georg, beritten und den schwarzen widersehenden, auf grünem Boden
ruhenden Drachen mit der Lanze erstechend. (Sinnbild für den Kampf gegen
das Wasser). In 4 seitenverkehrt, in 2 und 3 in Grün zwei Wellenbalken.

Dieses Wappen war am 18. November 1819 als ein altes Wappen des Aduar-
derzijlvest „registriert" und ist am 16. März 1890 durch „Königlichen Beschluß
" der Wasserschaft Westquartier zugewiesen worden.29

Die Ausstrahlungskraft des Wappenwesens geht mit der Ausbreitung westeuropäischer
Sitten einher, so daß auch die Modernisierung des russischen
Reiches seit dem Zaren Peter dem Großen nach 1700 zur Schaffung von
Stadtwappen geführt hat, zum Teil von älteren Bildlichkeiten ausgehend.
Der Reiter (polnisch ,,pogon", litauisch ,,vytis") im Wappen von Wilna ist
der Großfürst von Litauen, der seine Feinde verfolgt, und der heilige Michael
von Kiew, der alten Hauptstadt der Ukraine, geht auf das 12. Jahrhundert
zurück, sogar mit dem Bilde des Drachentöters.30

So kann auch verfolgt werden, wie ein reitender Großfürst von Moskau zum
Heiligen Georg als Stadtwappen von Moskau und zum Geschlechterwappen
der damit letztlich verknüpften Rurikiden-Geschlechter werden konnte.

Der Heilige Georg kehrte aber nicht nur auf diesem Wege in seine Heimat
zurück, sondern durch die Inanspruchnahme durch die Könige im Kauka-

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