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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 288
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ten die Elsässer sich auch wiederfinden, vor allem diejenigen, die des Kaisers
Feldzüge mitgemacht hatten. Daß Napoleon I. als Verbannter endete,
hatte bei diesen keine negative Wirkung, lebten sie doch als Soldaten gewissermaßen
in einem Mythos, der alles verklärte. Zudem zeigte Napoleon I.
gegenüber den deutschsprechenden Elsässern und Lothringern eine große
Liberalität, stammt doch von ihm der Ausspruch: ,,Laßt sie doch in ihrer
Mundart reden, wenn sie nur ihren Gewehrgriff auf französische Art und
Weise handhaben."17 So mancher General des ,,Kaisers der Franzosen"
stammte aus dem Elsaß oder aus Deutsch-Lothringen, wenn nicht sogar aus
einem deutschen Land, gerade in dieser Zeit boten sich den Elsässern viele
Aufstiegschancen, was alles die Bindung zu Frankreich verstärkte. Das
blieb nicht ohne Folgen. Ein Schriftstellerpaar, Erckmann und Chatrian,
von denen der eine aus Deutsch-Lothringen stammte, hat diese Zeit in populären
, vielgelesenen Romanen beschworen, die den Franzosen ein patriotisches
Bild vom Elsaß vermittelten; von diesem Geist drang vieles ins
Elsaß, die französischen Kenntnisse wurden dort an dieser Lektüre vertieft.
War die tonangebende Bourgeoisie über die Kultur und den Wohlstand gewonnen
worden, so bot sich auch dem kleinen Mann aus dem Elsaß, der
nach militärischer Erfüllung trachtete, mit Frankreich eine einzigartige Gelegenheit
. Von alledem hat vieles in der Völkstradition lange nachgewirkt,
zumal die Elsässer den Aufbruch nach den Freiheitskriegen in Deutschland
nicht erlebt haben, sie standen hierbei sogar auf der anderen Seite. Die Elsässer
und Deutschlothringer fühlten sich immer mehr von Frankreich angenommen
, sie wurden dort heimisch. Daß das mit einem Auseinanderleben
von den Deutschen einherging, war eine Folge dieser Entwicklung.

Was konnten die Deutschen den Elsässern und Lothringern damals auch
schon bieten, was hätte anziehen können? Der geistige Aufbruch, der mit
der deutschen Klassik und der Romantik verbunden war, hat die Elsässer
kaum erreicht, sie waren ja jetzt damit beschäftigt, sich den Reichtum der
französischen Kultur und Geistigkeit langsam anzueignen. Das hatte Einfluß
auf die Lebensart, die sich immer mehr der französischen anpaßte. Das
, ,savoir-vivre" der Franzosen imponierte immer mehr den biederen Alemannen
und Franken aus dem Elsaß.

Wer gesellschaftlich eine Rolle spielen wollte, der mußte sich der französischen
Manieren befleißigen. Das alles färbte überall ab, Frankreich hatte ja
auf allen Gebieten Vorbildfunktion. Da zudem die Franzosen Anfang des
19. Jahrhunderts im Elsaß eine gut funktionierende Verwaltung aufbauten —
wir erinnern hier an den Präfekten Lezay-Marnesia, der ein Glücksfall für
das Land war —, konnte es nicht ausbleiben, daß sich die Elsässer und
Deutschlothringer in Frankreich immer mehr geborgen fühlten. Dann kam
eine prosperierende Wirtschaft hinzu, die Wohlstand ins Land und in die
Häuser brachte. Man hatte sich ab dem 19. Jahrhundert definitiv im französischen
Staat eingerichtet und fühlte sich ihm emotional verbunden. Hat

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