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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 291
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ten angelastet wird, das man den Franzosen gegenüber in dieser Schärfe
niemals vorgehalten hat. Im Bereich der Verwaltung, im Schulwesen, ganz
besonders mit der Ausstattung der Reichsuniversität Straßburg, wurde Vorbildliches
geleistet. Das kommt heute der Stadt Straßburg noch zugute. Das
alles hat man nicht in gebührender Weise gewürdigt, obwohl es bis 1918 anhielt
. Interessant ist aber in diesem Zusammenhang, daß jetzt die Menschen
im Lande — und das auch teilweise mit den Lothringern zusammen — erst
richtig ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelten, das auch in die Weltöffentlichkeit
hinein drang. Verfehlt wäre es aber, wenn wir erst in den Zuständen
nach 1871 den Grund sähen für die Ausbildung der Frankophilie der
Elsässer und der Deutschlothringer, dieser liegt in den Jahrzehnten vor 1871
- wir haben das alles aufgezeigt.27 Die Dinge verschärften sich nur in dieser
Zeit noch mehr. Man müßte doch meinen, daß die gute Entwicklung
nach 1871 in vielen Bereichen die Elsässer und die Lothringer in den Schoß
des Deutschen Reiches, aus dem sie 1648 nur ungern schieden, zurückgeführt
hätte. Das war aber nicht der Fall. Deutsche Ungeschicklichkeiten in
der Zeit zwischen 1871 und 1918 taten ein übriges.

Wir wollen dabei aber nicht verkennen, daß viele von diesen eingewanderten
Reichsdeutschen sich persönlich und mit ihren Familien im Elsaß integriert
haben und daß viele von ihnen Elsässer wurden, die man von den
eingesessenen nicht mehr unterscheiden konnte.28 Daneben gab es auch jene
Fälle — sie waren nicht zu gering —, in denen Reichsdeutsche aus den
Elsässern und Lothringern etwas machen wollten, was sie damals gar nicht
mehr sein konnten. Gerade das Besondere des Elsasses in seiner Lage zwischen
Deutschland und Frankreich und des Elsässers, der nun einmal durch
die Geschichte eine Position dazwischen bekommen hat, hätten einen Weg
nach vorne in eine gute Zukunft weisen können — für die Menschen im
Lande selbst und für Deutschland insgesamt.29 Die sogenannte „Zaberner
Affäre" 191330 und nicht minder die Behandlung elsässischer und lothringischer
Soldaten im 1. Weltkrieg hatten auch keinen guten Einfluß auf die
Stimmung der Bevölkerung im Lande zwischen Rhein und Vogesen.

Waren die Jahrzehnte vor 1870 / 71 noch nicht zu sehr von nationalistischem
Geist infiziert — und das, obwohl die Revolution von 1789 diesen angestachelt
hatte und die Freiheitskriege in Deutschland nationale Töne erklingen
ließen —, so wurde das nach 1871 merklich anders. Gab es in diesen Dezennien
lange vor 1871 einen regen geistigen Austausch zwischen der deutschen
und französischen Seite, wobei das Elsaß oftmals Mittlerdienste leistete, so
wurde das Klima immer mehr frostig, die gegenseitigen Spannungen eskalierten
, der Höhepunkt dieser Entwicklung wurde mit dem Krieg 1914—1918
erreicht. Die französische Seite war eher Meister in der psychologischen
Kriegsführung: Frankreich agierte gekonnt, das Deutsche Reich reagierte
meistenteils auf unglückliche Weise, manchmal sogar hilflos.31 Die Franzosen
wußten das Unbehagen, das viele Elsässer den Reichsdeutschen ge-

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