Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 293
(PDF, 143 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0293
Mit dem Ausgang des 1. Weltkrieges, der Niederlage des Reiches Bismarcks
, war das Experiment — so könnte man auch sagen —, des Abbaus
der Frankophilie der Elsässer und der Deutschlothringer zu Ende, dieses
Experiment war negativ verlaufen, nimmt man seinen Schluß als Maßstab.
Die Elsässer und Lothringer gehörten jetzt wieder zum französischen Staat.
Dort aber stand diese Frankophilie nach den Flitterwochen der Braut
,,Elsaß" und des Bräutigams „Frankreich" auf dem Prüfstein. Viele
Menschen, die zum Elsaß gehörten, verließen jetzt, nur in umgekehrter
Richtung, das Land, unter ihnen war auch eine große Anzahl Altelsässer.39
Sie nahmen mit in ihre neue Heimat ein Wissen des Landes, dieses Wissen
blieb in Deutschland lebendig, wenn auch Deutschland insgesamt diese
Altelsässer weniger gut empfing als die Franzosen jene nach 1871. Das
war aber nun nicht das Problem, das sich für die Elsässer und Deutschlothringer
, die im Lande geblieben waren, stellte. Im Lande zwischen Rhein
und Vogesen wurde die Frage, ob die Elsässer und Deutschlothringer das
bleiben und leben konnten in Frankreich, was sie waren, genauer noch: was
sie geworden waren — gerade auch nach der Reichslandzeit 1871—1918. Es
gab im Lande eine größere, aber auch wieder wechselnde autonomistische
Bewegung. Diese autonomistische Bewegung im Elsaß und in Deutsch-
Lothringen kann nur von dort her verstanden werden, sie sah ihre Aufgabe
darin, dem Lande und seiner Bevölkerung zu helfen in kulturellen und
sprachlichen Dingen. Die Erinnerung an gute deutsche Verwaltung und
auch an politische Rechte die man in der Reichslandzeit gehabt hatte, blieben
lebendig. Mehr als das war es aber nicht. Gewisse stärkere Absetzbewegungen
, vor allem vom 3. Reich und seiner Ideologie im Elsaß,
begünstigten die Frankophilie im Lande nicht. Man trat weithin skeptisch
den Franzosen und Frankreich entgegen. Das galt auch noch für die Zeit
am Anfang des 2. Weltkrieges, in den Jahren 1939 und 1940. Aber die Vorurteile
, die man Frankreich entgegenbrachte im Elsaß in jener Zeit, hatten
nichts mit Deutschland und den Deutschen im Sinne. Das muß man auch
wissen, wenn man dieses Thema angeht.

Schlagartig anders wurde es, als die Franzosen 1940 von den Deutschen besiegt
worden waren und das Elsaß de facto zum Deutschen Reich kam. Hatte
man 1940 noch eine gewisse Achtung vor den Deutschen, die das Land
zwischen Rhein und Vogesen nicht zerstört hatten und nun verwalteten40,
so stieß die nationalsozialistische Ideologie, die man auch im Elsaß und in
Lothringen verwirklichen wollte, auf Ablehnung. Auch die Einführung der
Wehrpflicht für Elsässer und Lothringer 1942, eine Maßnahme, die völkerrechtlich
nicht haltbar war, hat die Absetzbewegung von Deutschland rapide
beschleunigt und die Bejahung Frankreichs jetzt verstärkt. Ohne daß Frankreich
viel dazu beigetragen hatte, war ihm das Land und die Menschen wieder
in den Schoß gefallen. Das, was 1940-1945 im Elsaß von Seiten des 3.
Reiches geschehen ist, hat den Franzosen nach 1945 die Legitimation ver-

293


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0293