http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0296
19. Jahrhundert hat man im Kreis Zabern anders gewählt als im übrigen
Elsaß51, dort sind Kandidaten, die sich den Parteien aus dem Deutschen
Reich angeschlossen hatten — ein Konservativer und ein Liberaler waren es
nacheinander —, gewählt worden. Und nach 1918 vertrat ein autonomisti-
scher Kandidat von 1928 bis 1940 den Kreis Zabern als Deputierter in der
französischen Kammer. Hanauerland und Krummes Elsaß bildeten den
Hauptsitz der elsässischen Heimatbewegung bis 1940. Bei der sogenannten
..epuration"52, der französischen Säuberungswelle nach 1945, gab es die
meisten Opfer in dieser Gegend des Hanauerlandes und des Krummen Elsasses
. Heute scheint sich aber diese Gegend auch an den allgemeinen
Trend im Elsaß und in Lothringen angepaßt zu haben. Was soll man auch
gegen eine allgemeine Nivellierung unternehmen, die alle Unterscheidungen
von früher über den Haufen wirft?!
Wir fragen wohl zu Recht: Warum konnte sich im elsässischen Hanauerland
und auch im Krummen Elsaß solche Haltung durchsetzen? Die Andersartigkeit
fällt auch deshalb auf, weil in dieser Gegend die meisten Vornamen (bis
1945) noch auf deutsche Art und Weise ausgesprochen wurden. Diese Gegend
ist zumeist bäuerlicher Natur, was diese geistige Haltung auch bestimmt
hat. Bis zur Großen Revolution, genau bis 1793, formal gesehen,
hatte diese ehemalige Grafschaft Hanau-Lichtenberg noch eine deutsche
Herrschaft unter französischer Hoheit, aber das hat nur in geringfügigem
Maße diese Andersartigkeit beeinflußt. In den vielen Hunderten von Jahren
hatte sich in dieser Grafschaft Hanau-Lichtenberg, die im Elsaß immer eine
Rolle innehatte, ein bestimmtes und auch spezifisches Bewußsein herausgebildet
, das der Gegend den Stempel aufprägte. Hier hat die lutherische Konfession
eine entscheidende Rolle mitgespielt. Diese lutherischen Gemeinden
im Hanauerland sind oft von Pfarrern bedient worden, die in Deutschland
Theologie studiert hatten. Auch hat sich, von Deutschland kommend,
hier eine lutherische Erweckung sehr stark durchgesetzt. Man wußte sich
auch ganz mit dem deutschen Luthertum verbunden, wo auch die geistlichen
Impulse herkamen. Von den protestantischen Kreisen Straßburgs, die
zumeist auch Lutheraner sind und der höheren Bourgeoisie (heute: „haute
societe protestante") angehören und ganz auf Frankreich und auf französische
Wesen eingegangen sind, unterscheiden sich diese Lutheraner des Hanauerlandes
ganz und gar. Wenn in Buchsweiler der Kreis der Honoratioren
ähnlich gestimmt war (und ist) wie diese Straßburger Kreise, dann deshalb,
weil sie mit diesen verwandt sind.
Die protestantischen Kreise im Hanauerland lebten als bäuerliche Menschen
in einer Tradition, die von Geschlecht zu Geschlecht weitergegeben
wurde. Diese Tradition war bestimmt von der Lutherbibel, von den Liedern
des Gesangbuches und auch von deutschen Andachtsbüchern, die alle zusammengenommen
den Menschen ein Leben lang begleiteten und bestimmten
. Mehr als die katholische Bevölkerung — und nicht nur im Elsaß —
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