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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 324
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Armut und Mangel prägten den Lebensalltag der Dorfbevölkerung. Dörfliche
Armut war strukturell bedingt. Gründe gab es genügend: Begrenzte
wirtschaftliche Ressourcen, eine ungleichmäßige Grundbesitzverteilung,
fehlende Erwerbsmöglichkeiten, das Fortbestehen feudaler Strukturen.
Äußere Einflüsse, wie etwa politische Krisen und Naturkatastrophen kamen
hinzu.

Armut kannte viele Gesichter. Treffen konnte sie im Prinzip jeden Dorfbewohner
. Ein persönlicher Schicksalsschlag wie Krankheit oder Tod des
Ehepartners, selbst ein ,,Mißherbst" führte manche Familie in das soziale
Elend.

Innerhalb der dörflichen Gesellschaft herrschte ein deutliches Besitzgefälle.

1841 gab es in dem Rebdorf Rammersweier 282 Grundbesitzer. 80 Prozent
von ihnen verfügten über etwa 41 Prozent des Rammersweirer Bodenertrags
, während die übrigen 20 Prozent etwa 59 Prozent des Bodens
besaßen.19

Der Anteil der Landwirte lag bei 38,3 Prozent. Der Wert sagt jedoch keineswegs
aus, daß die Mehrzahl der Rammersweirer einem nichtlandwirtschaftlichen
Gewerbe nachging. Sowohl die als „Handwerker" bezeichneten
Dorfbewohner, als auch ein Großteil der sog. Ledigen und ,,65er", gemeint
sind alte Dorfbewohner, waren mehr oder minder vom Ertrag ihres kleinen
Ackers abhängig.

Zum Vergleich: Im benachbarten Ortenberg betrug der Anteil der Landwirte
etwa 31 Prozent. Etwa 10 Prozent der Steuerpflichtigen waren Handwerker
.20 Die zweitstärkste Gruppe bildeten die Wirte, Weinhändler und
Küfer. Fast 60 Prozent der Ortenberger Steuerpflichtigen waren gewerbelos.
Dazu zählten 137 Ledige (ca. 34 Prozent).

Auch etwa ein Drittel der Rammersweirer Steuerpflichtigen werden als Ledige
bezeichnet.21 Es handelte sich um bereits Volljährige ohne eigenen
Haushalt. Sie arbeiteten größtenteils im Hause ihrer Eltern mit und besaßen
schon das eine oder andere kleinere Grundstück. Deshalb fielen sie ebenfalls
unter die Steuerpflicht.

Am Ende der dreißiger Jahre stand die dörfliche Gesellschaft vor schweren
sozialen Problemen: Die Einwohnerzahlen stiegen, Land blieb weiterhin
rar. Manche Erbenden bekamen nur noch ein paar Stückchen Land, viel zu
wenig, um davon leben zu können. Kriegsfolge- und Ablösungslasten, Steuern
und Pachtzins blieben unbezahlbar und mußten Jahr für Jahr weitergeschleppt
werden.22

Ohne Grund und Boden, ohne Arbeit und ohne Geld fand die heranwachsende
Generation keinen Anschluß an die dörfliche Ökonomie. Viele ,,tag-
löhnerten", gingen betteln oder verließen ihr Dorf. Finanzielle Nöte engten

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