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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 331
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Das Offenburger Oberamt wollte eine härtere Bestrafung von Ordnungswidrigkeiten
wie dem „Abhalten nächtlicher Exzesse".55

„Das Singen, Schreien und Lärmen hat in einigen hiesigen Wirths- und Bierhäusern in einem
solchen die öffentliche Ruhe störender Weise in letzter Zeit überhand genommen, wobei
selbst vorgekommen, daß dieses Treiben schon an Sonn- und Feiertagen während des Nachmittagsgottesdienstes
begonnen hat — daß es dringend geboten ist. durch geeignete Maßregeln
diesem Unfug zu begegnen und zu steuern".56

Bloße Charaktereigenschaften oder dumpfer Protest?

Die im Rammersweirer Gemeinderat repräsentierte dörfliche Oberschicht
wußte um die angespannte Situation. Wenn wir einmal die Gemeinderatsprotokolle
,,gegen den Strich" lesen und den Blick der Oberschicht einfangen
, so können wir den „Eigensinn" der Regierten, deren Selbstwertgefühl
und Lebenseinstellung besser verstehen.

Unter den Leumundszeugnissen in den 1830er und 1840er Jahren finden wir
kaum positive Beurteilungen. Die Zeugnisse beurteilten das Verhältnis der
Betroffenen zur Arbeit, zu Geld und Besitz und ihr Verhalten in der Öffentlichkeit
.

Der Leumund war endgültig, das ausgesprochene Wort, eine angedeutete
Vermutung oder ein Gerücht schafften bereits Realitäten.57 Rammersweirer
, die sich nicht alles gefallen ließen, wurden charakterlich oder moralisch
abqualifiziert.

Ein Beispiel: Die drei Rammersweirer Gemeinderäte bezeichneten Johann
Gercher als einen „mürrischer Mann". Er kannte wohl seine Rechte und beschwerte
sich bei jeder Gelegenheit. Gercher sei einer, „der das Ortsgericht
sowie auch die Rechner schümpft wenn derselbe mit Recht etwaß zu bezahlen
hat, wie es auch wircklich beim ersten Ortsvorstand geschehen ist, auch
wenn derselbe Gemeindsdienste versehen soll so bringt mann ihn nirgends
hin".58

Ein zweites Beispiel: Xaver Hauser sei ein „aufrührerischer Mann, so wie
er in der Gemeinde Zell gewesen ist, namentlich mischt er sich in unsere
Gemeindsverhältnisse die ihn doch nicht berühren solten weil er hier nicht
bürgerlich ist sondern in der Gemeinde Zell gewesen".59

Anderen Männern bescheinigte der Gemeinderat „rauhe Sitten", Grobheit,
Dumpfheit und einen Hang zum Alkohol.

Der verschuldete Michael Bürk war „von Jugend auf von ziemlich rauhen
Sitten, wobei er sich öfters dem Trünke überlässt und dann gegen andere
Grobheiten ausübt".60

Die Landwirte Georg Litterst und Bernhard Näger führten bei Gemeindeversammlungen
immer das große Wort. Sie besaßen keine Scheu vor der
Autorität des Gemeinderats. Man stellte ihnen ein dementsprechendes
Zeugnis aus:

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