Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 342
(PDF, 143 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0342
Zunächst Joseph Carl Gäßler. Er war von 1835 bis zu seinem Tod im Jahr
1857 Pfarrektor von Weingarten.

Gäßler verkörperte wohl das Idealbild eines aufgeklärten Priesters. Man
verband damit „die Vorstellung des Menschenfreundes, den höhere und
ausgebreitete Einsichten auszeichnen, der eine gewisse Distanz zum Volk
und den Ruf eines verständigen und überlegenden Mannes besitzt."102

Gäßler müssen wir uns als einen recht eigensinnigen, selbstbewußten und
kritischen Kopf vorstellen. Diese Charaktereigenschaft bekamen nicht nur
kirchliche und staatliche Behörden, sondern auch die Gläubigen seiner
Weingartener Pfarrei zu spüren. Seine Versetzung von Karlsruhe ins abgelegene
Weingarten erfolgte nicht aus freien Stücken, wie uns Pfarrer Ludwig
Heizmann in seiner Kurzbiographie glaubhaft machen will.

..Er war ein frommer Priester, eifriger Seelsorger, guter Erzieher und Schulmeister, ein begeisterter
Vorkämpfer für die Sache der Religion und Kirche. Wohltäter der Armen."103

Gäßlers Versetzung geht auf seine Weigerung zurück, seinen außerkirchlichen
Amtspflichten in der Karlsruher Pfarrkirche nachzukommen.

..Dekan Gäßler. tadellos in seinen kirchlichen Verrichtungen und wegen seines priesterlichen
Wandels lobenswürdig. hat durch Vernachlässiggung seiner ausserkirchlichen Dienstgeschäfte
, besonders hinsichtlich der Schulaufsicht, des Stiftungs- und Armenwesens und
der pfarramtlichen Korrespondenz seit langer Zeit zu vielfältigen Beschwerden Anlaß
gegeben."104

Bei seiner Bewerbung für die Weingartener Pfarrstelle zeigte Gäßler Eigensinn
und Sturheit. Er lehnte es ab, nähere persönliche Angaben zu machen.
Die Fähigkeit zur Pastoration glaubte er nicht beweisen zu müssen, da ihm
der weit schwierigere Wirkungskreis in Karlsruhe anvertraut worden war.

Dreizehn Jahre nach seinem Amtsantritt in Weingarten tauchten plötzlich
ähnliche Klagen auf. Gäßler erhielt den Vorwurf, auf dem Gebiet des
Schulwesens untätig zu sein und die Stiftungsgeschäfte zu vernachlässigen.
Mehrere mahnende Briefe und Strafboten fruchteten nichts. Gäßler ließ sich
nicht umstimmen.

Das Offenburger Oberamt schrieb im Januar 1849:

..Die absolute Unthätigkeit oder Renitenz des Pfarrers Gäßler in allen nicht geistlichen Geschäften
, die ihm als Pfarrer obliegen, scheint in einem krankhaften Zustande des Mannes
ihren Grund zu haben."105

Erst im Herbst 1850 gab er dem Druck nach. Geldstrafen und eine erneute
Versetzungsdrohung gingen seinem Entschluß voran. Ob Gäßlers Verhalten
als pathologisch einzustufen ist, ob es sich um eine prinzipielle Verweigerungshaltung
gegenüber seinen Vorgesetzten handelte oder um schlichte
„Faulheit", müssen wir dahingestellt lassen.

342


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0342