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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 346
(PDF, 143 MB)
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Pfarrer Haberstroh schauderte angesichts des Zerfalls sozialer Bindungen
vor der Zukunft. Seine pessimistische Weltsicht unterschied sich von Pfarrer
Gäßlers kritischem Idealismus fundamental. Haberstroh betrachtete sich
eher als Bremser und Bewahrer, nicht als Veränderer.

Haberstroh prangerte die Verwilderung der Jugend an. Das tat Gäßler ebenfalls
. Beide wollten die Schulbildung verbessern, um so die Jugend für sich
zu gewinnen. Der Unterschied zwischen beiden Pfarrern lag in der Inten-
sion: Während Gäßler an eine Bildung im Sinne der Aufklärung dachte, betrachtete
Haberstroh die Schulbildung rein zweckrational."6

Wir müssen ihn als einen rückwärts gewandten Geistlichen betrachten, der
seine Umwelt aus dem Blickwinkel eines moralischen Rigorismus bewertete
.

Haberstrohs fatalistischer Weltsicht können wir als seine persönliche Antwort
auf die tiefgreifenden sozialen Veränderungen begreifen, die er als
„Verwahrlosung und Verwilderung" interpretierte. Damit brachte er nur
mit anderen Worten zum Ausdruck, was längst Realität war: Der Kreislauf
von Armut. Hunger, Bettel, Diebstahl und Verwahrlosung, die andere Seite
des Fortschritts.

Abkürzungen

EaF Erzbischötliches Archiv Freiburg
GLA Generallandesarchiv Karlsruhe
GaR Gemeindearchiv Rammersweier
StaO Stadtarchiv Offenburg
OGW. Offenburger Wochenblatt
O.B. Ortenauer Bote

Anmerkungen

1 Der vorliegende Fall ist der Akte Gemeindearchiv Rammersweier (GaR) X. entnommen
.

2 Jeggle. Utz. Volkskunde im 20. Jahrhundert, in: Brednich. Rolf W. (Hrsg.). Grundriß
der Volkskunde, Berlin 1988. S. 61.

3 Vgl. hierzu: Zimmermann. Clemens. Dorf und Land in der Sozialgeschichte, in: Schieder
. W. /Sellin, V. (Hrsg.). Sozialgeschichte in Deutschland II.. Göttingen 1986, S. 105.
Ende der 60er Jahre schrieb der englische Historiker E. P. Thompson in seinem Aufsatz
..Time. Work-discipline and industrial Capitalism" über die Qualität der soziologischen
Industrialisierungsgeschichte, dal! diese ,,(...) einer Landschaft (gleiche, d.V.) die
durch eine zehnjährige moralische Dürre verödet ist: Man muß sich durch Zehntausende
von Wörtern lebloser ahistorischer Abstraktionen kämpfen, um wieder zu einer Oase
menschlicher Wirklichkeit zu kommen."

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