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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 544
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monstrationstag für die Forderungen der Arbeiter zu gestalten, saß 1916 an
jenem Tag in trüber Stimmung in seinem Sorgenstuhl und gedachte aller
vergangener Maifeiern, an denen er agitatorisch mitgewirkt hatte. Wie eine
Vision, schrieb er, zogen an seinem Auge die Knechtung und Ausbeutung
des sogenannten niederen Volkes in Vergangenheit und Gegenwart vorbei.
All die vielen Befreiungs- und Emanzipationsversuche seien verpufft und
gewaltsam vereitelt worden. Aber er erblicke auch ein freudiges, tröstendes
Bild: er sehe die Sklavengeduld der Massen langsam schwinden; die Erkenntnis
erfasse das schaffende Volk, daß es sich selbst helfen, daß es sich
selbst eine glückliche, freiere Zukunft erkämpfen müsse, denn aus freien
Stücken würden ihm weder die bestehenden Staaten noch die reichen Besitzer
zu einem auskömmlichen Dasein verhelfen.

In dieser Schrift nimmt er zu einer Fülle von Problemen Stellung, die der
Krieg aufgeworfen hatte, natürlich auch zum Krieg selbst, zur Haltung der
Sozialdemokratie, der Kriegskreditbewilligung oder zum Thema der Annexionen
, streift die soziale Situation in den feindlichen Ländern, die Aufgaben
nach dem Krieg. Vor allem richtet er den Blick auf den Zukunftsstaat,
den kommunistisch-sozialen Gesellschaftsstaat. Es sei allerdings unmöglich
, diesen in seinen Details jetzt schon darzustellen, da alles in Bewegung
sei. Damit folgt er Bebel, welcher der Auffassung war, „daß die Unberechenbarkeit
der Größe und der Zahl der menschlichen Fortschritte uns nur
sehr bedingt ermöglicht, zukünftige Gestaltungen der Gesellschaft und immer
nur in allgemeinen Umrissen zu zeichnen. Das erzwingt dann von
selbst die größere Nüchternheit in der Darstellung, wie sie uns z. B. in der
neuesten dieser Schilderungen, in Edward Bellamys Roman ,Ein Rückblick
von 2000—1887' entgegentreten."15 Hier mag Monsch auf den amerikanischen
Sozialreformer Bellamy (1850—1898) gestoßen sein, dessen utopischer
Roman zu den meistgelesenen Utopien gezählt wird; Monsch hat
einmal in einem Manuskriptentwurf beide zusammen genannt: ,,So wird
Bellamy's Traum und Bebels prophetisches Wort immer mehr verwirklicht
". Man könnte aber auch annehmen, daß er von Clara Zetkin auf Bellamy
hingewiesen wurde, denn eine erste Ubersetzung von ihr erschien 1890
im Dietz-Verlag in Stuttgart.

Russische Revolution: Menetekel für junkerliche Herrschsucht

Die Niederschrift zum 1. Mai 1917 stand unter dem Eindruck der russischen
Februarrevolution und des Sturzes des Zaren am 27.2. (alter russ. Zeitrechnung
): Rußland, das Symbol aller Volksbedrücker, aller Ausbeuter, das
Reich des bluttriefenden Zaren, habe sich über Nacht zur Republik gewandelt
und seine Peiniger in die Zwingburg der Paulsburg geworfen. Wer hätte
je für möglich gehalten, schrieb er, daß erst das vieltausendjährige China
und nun auch das Selbstherrscherreich Rußland ihre Kaiser zum Teufel jag-

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