Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 572
(PDF, 143 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0572
glücklichsten Zeit, welche unsere Generation zu erleben hat, das Joch eines
nichtgewählten Herrn Maire's auf sich genommen hat? Er schleppt eine
schwere Bürde und ist lebensmutig dabei. Die Arbeit stählt die Kraft des
alten Unermüdlichen. In diesen 40 Jahren erwuchs die Stadt zu wirtschaftlichem
Ansehen und beglückender Kultur. Muß man ihren Niedergang erleben
— daran keine Mitschuld zu haben, ist das lohnende Bewußtsein in den
Schreckenstagen der Rathausbestürmung, wie sie vorige Woche Tatsache
war. Es haben sich drohende Fäuste gegen den ehrwürdigen ,Maire' erhoben
: ,Kreuziget ihn!' Der Wahnsinn des Undankes gehört zu den abscheulichen
Schwachheiten des Menschengeschlechtes. Wenn er aber von Proletariern
ausgeht und sich gegen einen Freund und unermüdlichen Helfer
der Ärmsten richtet, ist er doppelt verwerflich. Aber der Nestor des Rathauses
verzagt nicht. Die bitteren Ausnahmen vermögen die Wahrheit nicht
zu entstellen, daß unser Stadtrat Georg Monsch das dankbare Wohlwollen
seiner Gemeinde auch in der Stunde der höchsten Not genießt." Den Dank
des Stadtrates stattete diesem am 30. Oktober sein Vorsitzender Schimpf ab.

,,Kurzschluß" wäre das beste!

Holler wurde zwar am 28. 8. entlassen, aber seine Ausweisung wurde erst
am 22. 1. 1924 aufgehoben. Am 26. I. 1924 kehrte er wieder nach Offenburg
zurück und Monsch, dessen Frau im September vergangenen Jahres schwer
erkrankte, konnte wenigstens etwas aufatmen, mußte aber im März wieder
wegen Erkrankung von Holler die Stadtgeschäfte weiterführen. Was er damals
niederschrieb, spricht für sich: „Bald beneiden wir das Schicksal der
Offenburger anno 1689, wo das trauliche, friedliche Städtchen von den
Franzosen total niedergebrannt wurde. Lieber ein Ende mit Schrecken, als
Schrecken ohne Ende." Dieser Stoßseufzer mag auch aus der Tiefe jener
Stimmung kommen, in die ihn die erbarmungslose Inflation versetzt hatte:
, ,Wie ich mit meiner kranken Frau dies Kriegsschicksal ertragen kann und
städt. Armenhilfe annehmen soll, weiß ich nicht. Arme Kleinrentner, euch
stiehlt man euer sauer Erspartes. Die Wucherer, Schieber und Kriegsgewinnler
kauften Häuser und alles mögliche, schickten ihr Kapital an ausländische
Banken, denen läßt man ihren Raub. Gleich und gleich." Wie
schlecht tatsächlich seine Lage gewesen sein muß, geht aus einer Bemerkung
von Marie Geck vom 26.4. 1924 an ihren Mann hervor: „Unser
Monsch ist ein furchtbar armer Kerl! Was er mir heute alles sagte, daß er
nun gar nichts mehr habe, ging mir an die Nerven. Er meinte: ,Kurzschluß'
wäre das beste für ihn! — Und der Ober a. D. bekommt 5 000 G.M. Pension
von der Stadt und Extrazahlung für Vorsitz des Gewerbe-, Kaufmanns- und
Gemeindegerichtes!"

572


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0572