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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 656
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0656
Auf dessen Antrag kassierte der Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe
die Entscheidung der Offenburger Strafkammer und erließ am 9. Mai
Haftbefehl, denn Frau R. habe ,,mit einem Kriegsgefangenen in einer Weise
Umgang gepflogen, die das gesunde Völksempfinden gröblich verletzt." Am
11. Mai, um 12 Uhr, wurde Gisela R. im Gerichtsgefängnis Offenburg in
Untersuchungshaft genommen, am selben Tag erhielt sie die Anklageschrift
zugestellt. Am Sonntag, den 19. Mai, besuchte sie ihr Vater im Gefängnis.

Der Anwalt von Frau R. bemühte sich um die Zulassung mehrerer Entlastungszeugen
für die Verhandlung, die dem Gericht ein positives Persönlichkeitsbild
der Angeklagten vermitteln konnten. Zu ihnen zählten die
Mutter der Beschuldigten und ihr Hausarzt, der verminderte Zurechnungsfähigkeit
infolge einer Basedow-Erkrankung attestierte. Inzwischen suchte
die Staatsanwaltschaft nach weiteren Belastungszeugen; vom Gendarmerieposten
in S. erhielt sie ein abwertendes, allerdings lediglich auf unbeweisbaren
Gerüchten beruhendes Leumundszeugnis. Bei einem weiteren Verhör
im Gefängnis durch die Gestapo ließ sich Frau R. von der Anschuldigung,
sie habe mit dem Polen sexuell verkehrt oder dies zumindest beabsichtigt,
nicht beeindrucken. Außer dem bereits dem Haftbefehl zugrundeliegenden,
kam kein weiteres gerichtsverwertbares Material zutage. Schließlich legte
das Gericht am 23. Mai seinen Eröffnungsbeschluß im Sinne der Anklage
vor.

Am 9. August wurde Ignaz N. erneut verhaftet und nach Ludwigsburg ins
Stalag gebracht. Nun lief die Maschinerie an, die ihn das Leben kosten
konnte: Er wurde aus der Kriegsgefangenenschaft entlassen und kam als Zivilgefangener
in Schutzhaft und damit unter die Gerichtsbarkeit des RSHA.
Noch am selben Tag wurde er nach Villingen in das Gerichtsgefängnis überstellt
. Am 10. August vernahm ihn ein Beamter der Gestapo-Außenstelle
Villingen zur Sache. Ignaz N. blieb bei seiner Aussage vom Mai und wies
inzwischen eingeholte belastende Zeugenaussagen als Unterstellungen oder
Mißverständnisse zurück. Selbst der Gestapo-Beamte glaubte nicht an seine
Schuld; der Pole, schrieb er in seinem Bericht, habe einen guten Eindruck
gemacht, er habe sich in keine Widersprüche verwickelt und sei durchaus
glaubwürdig. Trotzdem wurde die Schutzhaft aufrechterhalten, bis er am
20. August freigelassen und einer neuen Arbeitsstelle in Villingen zugewiesen
wurde.

Am 16. August hatte die Offenburger Strafkammer als Termin zur Hauptverhandlung
gegen Frau R. Freitag, den 30. August 1940, 15 Uhr, festgesetzt
. Zur Verhandlung ließ sie die ursprünglichen Belastungszeugen, als
Zeugen der Verteidigung die Mutter der Angeklagten und deren Hausarzt
zu. Während der Verteidiger auf eine Gefängnisstrafe plädierte, die in ihrer
Höhe der inzwischen immerhin mehr als dreieinhalbmonatigen Untersuchungshaft
entsprechen sollte, forderte Staatsanwalt Semar 6 Monate

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