Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 660
(PDF, 143 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0660
beitskommando zugewiesen. Wenn seine Vernehmung und die Aussagen
der Zeugen jedoch gerichtsverwertbares Material erbrachten, überstellte
das Stalag den Beschuldigten dem Feldgericht der Wehrmachtkommandantur
der Befestigungen Oberrhein in Baden-Baden, dem die Gerichtsbarkeit
über die Kriegsgefangenen unterstand. Dort wurde er erneut durch einen
Gerichtsoffizier vernommen, der entschied, ob Anklage vor dem Feldgericht
erhoben wurde.

Es war den Kriegsgefangenen verboten, sich deutschen Frauen zu nähern
oder mit ihnen in Verkehr zu treten, da dadurch „die Würde des deutschen
Volkes verletzt" werde. Sie kannten dieses Verbot, da es ihnen bei der Einweisung
in ein Arbeitskommando bekannt gemacht wurde. Übertretungen
wurden als militärischer Ungehorsam nach § 92 des Militärstrafgesetzbuches
(MStGB) von den Feldkriegsgerichten mit bis zu 10 Jahren Gefängnis,
je nach den Umständen auch mit dem Tod bestraft.33

Die Verhandlungen gegen Kriegsgefangene wurden schneller abgewickelt
als die der zivilen Gerichte und fanden einige Wochen vor dem Prozeß gegen
die Partnerin statt. Diese wurde aus der Untersuchungshaft dem Feldkriegsgericht
als Zeugin vorgeführt und sah auf diese Weise ihren Freund
zum letzten Mal. Den Vorsitz des Feldkriegsgerichts hatte ein Kriegsgerichtsrat
, von dessen zwei Beisitzern einer ein Offizier war; Anklagevertreter
war ein Oberkriegsgerichtsrat oder Feldkriegsgerichtsrat; ein Urkundsbeamter
führte das Protokoll. Von einem Verteidiger ist in den schriftlichen
Urteilsbegründungen nicht die Rede.34

Der 25 Jahre alte französische Kriegsgefangene Rene P. hatte 1942 eine Beziehung
zu der 29 Jahre alten verheirateten Landwirtin Elisabeth H. in A.,
bei deren Schwiegereltern er arbeitete. Am 14. März 1943 verurteilte ihn
das Feldkriegsgericht Baden-Baden unter Vorsitz von Oberkriegsgerichtsrat
Deitigsmann zu 3 Jahren und 3 Monaten Gefängnis. In der Urteilsbegründung
führte das Gericht aus: ,,Die beiden arbeiteten viel zusammen und näherten
sich einander, so daß sich schließlich ein vertrauliches Verhältnis
herausstellte, wobei sich die H. mehrmals küssen ließ, und schließlich kam
es auch in zwei Fällen zum Geschlechtsverkehr, und zwar in der Küche.
Dieser Sachverhalt ist festgestellt worden durch die glaubhaften Angaben
der Zeugin H., außerdem ergibt er sich ohne weiteres aus einem dem Gericht
vorliegenden Brief des Angeklagten an die H. vom 20. I. 1943, in dem
nicht nur die Küsse erwähnt, sondern auch ausdrücklich die Tatsache, daß
sie sich ihm hingegeben habe; seine Bestreitung des Geschlechtsverkehrs
kann ihm daher nicht geglaubt werden. Der Angeklagte war somit auf
Grund der §§ 92 und 158 MStGB zu verurteilen, weil er in fortgesetzter Tat
einen Befehl in Dienstsachen nicht befolgt und dadurch einen erheblichen
Nachteil herbeigeführt hat, denn er hat das Verbot des Oberkommandos der
Wehrmacht vom 10. 1. 1940, sich unbefugt deutschen Frauen zu nähern, ge-

660


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0660