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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 662
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die in einem Schnellgerichtsverfahren wegen Rassenschande" mit deutschen
Mädchen zum Tod verurteilt worden waren.41

Verurteilung durch ein Schnellgericht, Urteilsverlesung durch den Ortsgruppenleiter
, polnische Zwangsarbeiter als unter Todesbedrohung gezwungene
Henker ihrer eigenen Landsleute: Schon die äußeren Umstände dieser
Exekutionen lassen erkennen, daß die Rechtssprechung gegen Ausländer
einem Sonderrecht unterlag. Hätte das RSHA seine Vorstellungen durchsetzen
können, dann wäre jeglicher Geschlechtsverkehr von Ausländern mit
Deutschen bestraft, alle Kriegsgefangenen zum Tod verurteilt42 und die beschuldigten
Frauen ausnahmslos in Konzentrationslager eingeliefert worden
.43 In der Praxis ließen sich die Pläne des RSHA nur mit Abstrichen
durchsetzen.

Sexuelle Beziehungen zu Zivilarbeitern aus dem Westen blieben von jeglicher
juristischer Sanktion frei, und auch die Wehrmacht dachte gar nicht
daran, ihre Strafhoheit über die Kriegsgefangenen vollständig an die Gestapo
abzutreten. Die Gerichtsbarkeit über die polnischen Kriegsgefangenen
überließ die Wehrmacht allerdings früh der Gestapo: Anfang Januar 1940
vereinbarte der Chef der Sicherheitspolizei und des SD Heydrich mit dem
OKW, ,,in Zukunft jene polnischen Kriegsgefangenen, welche sich mit
deutschen Frauen eingelassen haben, als Kriegsgefangene [zu] entlassen und
der örtlich zuständigen Staatspolizei(leit)stelle" zu überstellen. Dort waren
sie in Schutzhaft zu nehmen.44

Die Verurteilung erfolgte durch ein Schnellgericht der Gestapo, die Hinrichtung
war öffentlich und mußte von Landsleuten vollzogen werden. Seine
deutsche Partnerin wurde zu einer mehrjährigen Zuchthausstrafe verurteilt
und anschließend zur „Sicherungsverwahrung" in ein Konzentrationslager
eingewiesen; war sie schwanger, konnte die zwangsweise Abtreibung angeordnet
werden. Vor der Hinrichtung blieb ein Pole nur bewahrt, wenn ein
Amtsarzt ein positives „rassisches Gutachten" anfertigte, das seine „Eindeutschung
" ermöglichte. In diesem Fall kam er für kurze Zeit in ein KZ;
unter Umständen konnte er die Frau heiraten und blieb dann ganz
straffrei.45

5. Im Namen des Volkes?

Frauen in den Mühlen der NS-Strafjustiz

Die Freiheitsstrafe war nicht die einzige Dimension der Verfolgung des verbotenen
Umgangs mit Kriegsgefangenen im NS-Staat. Menschenunwürdige
Verhöre durch die Gestapo, Schnellgerichtsverfahren und die mit Kriegsbeginn
auch für Bagatellen einsetzende Verschärfung der Urteile waren die
institutionellen Aspekte eines erweiterten Begriffs von Strafjustiz, deren abschreckende
Wirkung darin bestand, daß sie alle Unangepaßten für jeder-

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