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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 671
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Richter auch in scheinbar unpolitischen Strafprozessen seinen Opfern an-
gedeihen läßt, ist politisch. Was er schädlich nennt, kann schädlich sein.
Gewöhnlich ist es gut. Was er für strafverschärfend hält, ist für uns gleichgültig
, meistens ist es strafmildernd. Das moralische Recht, der moralische
Fortschritt, die sittliche Erziehung des Volkes werden nicht auf deutschen
Universitäten gelehrt, nicht von deutschen Gerichten stabilisiert. Die kalte
Härte des Reichsgerichts in allen Sittenfragen, seine völlige Verständnislo-
sigkeit den Forderungen des Lebens gegenüber, seine scheinbare Objektivität
, die niemals eine gewesen ist, gibt uns das Recht, dieser Richterkaste
jede Qualifikation zur moralischen Erziehung des Volkes abzusprechen."71
Bemerkenswert hellsichtig sah Tucholsky die Richter voraus, die fünfzehn
Jahre später auch den verbotenen Umgang mit Kriegsgefangenen aburteilten
: „Angemerkt mag sein, daß der heutige Typus noch Gold ist gegen jenen
, der im Jahre 1940 Richter sein wird. Dieses verhetzte Kleinbürgertum,
das heute auf den Universitäten randaliert, ist gefühlskälter und erbarmungsloser
als selbst die vertrockneten alten Herren, die wir zu bekämpfen
haben. Während in der alten Generation noch sehr oft ein Schuß Liberalismus
, ein Schuß Bordeaux-Gemütlichkeit anzutreffen ist, ein gewisser Humor
, der doch wenigstens manchmal mit sich reden läßt, lassen die kalten,
glasierten Fischaugen der Freikorpsstudenten aus den Nachkriegstagen erfreuliche
Aspekte aufsteigen: wenn diese Jungen einmal ihre Talare anziehen
, werden unsere Kinder etwas erleben. Ihr Mangel an Rechtsgefühl ist
vollkommen."72

Strafvollzug

Lautete das Urteil auf eine kürzere Gefängnisstrafe, von der ohnehin der
größere Teil bereits durch die üblicherweise angerechnete Schutz- und Untersuchungshaft
verbüßt war, blieben die Verurteilten bis zum Strafende im
Offenburger Gerichtsgefängnis inhaftiert. Bei längeren Gefängnis- und bei
Zuchthausstrafen wurden sie wenige Wochen nach der Verhandlung in die
zuständigen Strafanstalten überstellt: zumeist in das Frauengefängnis Gotteszell
bei Schwäbisch Gmünd oder in das Frauenzuchthaus Hagenau im Elsaß
. Die Verbüßung der Freiheitsstrafe war gleichbedeutend mit Zwangsarbeit
: Strafgefangene wurden wegen des ständig zunehmenden Mangels an
Arbeitskräften immer mehr zu kriegswirtschaftlichen Arbeiten herangezogen
, besonders, nachdem 1943 der Nachschub an ausländischen Arbeitskräften
ins Stocken geraten war.

,,Auch der Arbeitseinsatz für Strafgefangene wurde überprüft", berichtete
die Rüstungsinspektion Oberrhein im März 1943. ,,Auch hier ist festzustellen
, daß der Strafvollzug den heutigen Rüstungsbelangen angepaßt werden
muß. (...) Es wird zweckmäßig sein, die Männer — auch das Sicherungsverwahrungslager
— zu schweren Arbeiten in den Betrieben einzusetzen.

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