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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 673
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0673
„Diese Urteile dürften eine Warnung sein und eine Mahnung für alle, die
auch heute noch glauben, achtlos an den heldenmütigen Leistungen unserer
Frontsoldaten und an ihren unsäglichen Entbehrungen vorübergehen zu
können. Der nötige Abstand gegenüber Kriegsgefangenen ist im Gedenken
an unsere tapferen Soldaten doch eine Selbstverständlichkeit, wie auch die
Treue einer Frau zu ihrem Gatten, der sein Leben für sein Vaterland einsetzt
, selbstverständliches Gebot ist!"78

Die Presseberichte aus dem Gerichtssaal nannten die Namen und Wohnorte
der Verurteilten ohne Anonymisierung. Dadurch wurde die Presse zum
Pranger und überdies die Justiz von der Propaganda in Dienst genommen:
Ein Urteil kann noch so hart sein, seine abschreckende Wirkung tritt erst
mit seiner Rezeption durch die Öffentlichkeit ein. ,,Die Strafrechtsnachricht
ist in einem effizienzorientierten Strafrechtssystem wichtiger als die
konkrete juristische Einzelmaßnahme. (...) Die Presse wird angehalten,
den Übergang zum Täterstrafrecht publik zu machen und dadurch einer
strafrechtlichen Theorie zur praktischen Durchsetzung in der Gesellschaft
zu verhelfen. Den Bürgern soll demonstriert werden, daß Strafe nicht in erster
Linie auf Taten reagiert, sondern minderwertige kriminelle Personen,
Mörder, Brandstifter usw., aussondert."79 Dieser Aufgabe kam die Offenburger
Lokalpresse während des 2. Weltkriegs willig nach.

6. Gnadenerweise und Straftilgung

Nicht alle Verurteilten mußten ihre Strafe in voller Länge absitzen. In manchen
Fällen wurde für einige Wochen oder Monate Strafunterbrechung
gewährt. Damit war allerdings keine Strafminderung verbunden — die Entlassung
schob sich um den entsprechenden Zeitraum hinaus. Oder es wurde
, nachdem zwei Drittel der Strafe verbüßt waren, der Strafrest auf drei
Jahre zur Bewährung ausgesetzt — kam die Delinquentin bis zum Ablauf
dieser Frist nicht erneut mit dem Gesetz in Konflikt, galt die Strafe als verbüßt
. Der Grund für diese Gnadenerweise war meist die Tatsache, daß ihre
Arbeitskraft zu Hause in der Landwirtschaft oder im Geschäft dringend gebraucht
wurde.

Wenn eine Frau zu einer Zuchthausstrafe verurteilt worden war, hatte sie
Aussicht auf Haftverkürzung, wenn ihr Mann ein Gnadengesuch stellte, in
dem er erklärte, daß er seiner Frau verzeihe und die Ehe fortsetzen wolle.
Dann konnte die Zuchthaus- in eine Gefängnisstrafe umgewandelt, konnten
die Ehrenrechte wieder verliehen werden. Das taten so viele Ehemänner,
daß der SD befürchtete, die abschreckende Wirkung der Urteile könnte dadurch
beeinträchtigt werden.80 Am besten fuhr allerdings, wer über die
richtigen Beziehungen verfügte. Frau H. aus A., die am 30. April 1943 zu
1 Jahr und 2 Monaten Zuchthaus verurteilt worden war, saß lediglich drei
Monate in Untersuchungshaft, die Strafe wurde nie vollzogen. Ihr Mann

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