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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
72. Jahresband.1992
Seite: 126
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sehen Sagen enthält, kennen keinen solchen Bericht von der Ullenburg.
Prüft man andererseits die Standardwerke der mittelbadischen Burgenkunde
, die Burgenbände der ,Ortenau' von 1934 und 1984, oder auch Artur
Bechtold: Die Ullenburg bei Tiergarten (in: Die Ortenau 4 (1913), S.
106-122) oder Berta Freifrau von Schauenburg: Die Ullenburg bei Tiergarten
(in: Die Ortenau 21 (1934), S. 246-249), dann greift man auch hier ins
Leere. Offenbar hat sich erst im 20. Jahrhundert jemand die Freiheit genommen
, eine historisch relativ' gut dokumentierte Figur wie Dr. Johann
Küffer in eine Sagengestalt zu verwandeln. Wir lassen diesen bedenklichen
Fall beiseite.

Einen tüchtigen Beitrag dazu, daß sich um die Gestalt des Straßburger Arztes
der Nimbus des Sagenhaften bilden konnte, hat Grimmelshausen selbst
geleistet. Er hat, so vermutete man längst, in einem zentralen Teil des ,Sim-
plicissimus', in den ersten fünf Kapiteln des vierten Buches, Dr. Küffer unter
dem Namen Monseigneur Canard zu einer Figur - einer recht fragwürdigen
Figur - seines Romans gemacht. Die Hinweise auf einzelne Züge der
Person Küffers sind so dicht, daß daran kein Zweifel mehr sein kann. Das
fängt mit dem Beruf Küffers an: Monseigneur Canard verdient als Arzt
hochadliger Kreise reichliche Honorare. Es betrifft den gesellschaftlichen
Umgang mit vornehmen Leuten, geht dann aber bis in solche Details wie
Sprachkenntnisse, die beide, Küffer und Canard, haben. Von Canard heißt
es: „Dieser Doctor redte so gut teutsch / als ich / und das Italiänisch / wie
seine Muttersprach"2 - für Dr. Küffer ohne weiteres plausibel: er hatte längere
Zeit in Padua Medizin studiert. Simplicissimus im Roman fragt
Canard: „Warumb er sich nit von seinem Adelichen Sitz schreibe / den er
neulich nahend Pariß umb 20 000. Cronen gekaufft hätte? item / warumb er
lauter Doctores auß seinen Söhnen zu machen gedencke / und sie so streng
studiren lasse?"3 In der Tat hatte Küffer 1661 die Ullenburg vom Haus
Württemberg als Lehen gekauft, erhob Prätentionen auf den Adelsstand
(davon gleich mehr), nannte sich aber nicht nach der Ullenburg. Über seine
vier Söhne ist wenig bekannt, doch weiß man von einem sicher, daß er Medizin
studierte und in Straßburg 1675 zum Doktor der Medizin promovierte4
. Die Leser von Grimmelshausens .Lebensbeschreibung', soweit sie in
Straßburg und der Ortenau zuhause waren, mußten die Züge Dr. Küffers
wiedererkennen und die Satire verstehen: Monseigneur Canard im Roman
sorgt sich nicht nur um die Gesundheit seiner hochadligen Patienten, er verschafft
ihnen auch Vergnügungen, gibt Gastereien, läßt köstliche Speisen
auftragen, denen gelegentlich Aphrodisiaka beigemischt sind, und vermittelt
auch schon einmal Liebesdienste. Der Umgang mit dem Hochadel ist
ihm zu Kopf gestiegen: „dann weil Möns. Canard sehr reich / als war er
auch überauß hoffärtig ..." Mehr noch, er konnte es wagen, sich Monseigneur
anreden zu lassen, mit dem Titel, der sonst nur Prinzen und Bischöfen

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