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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
72. Jahresband.1992
Seite: 264
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In den 30er und 40er Jahren hatten alle vier Häuser mit der unruhigen Zeit
des Nationalsozialismus und vor allem mit Kriegseinwirkungen zu tun, besonders
traf das natürlich das Rothschild'sche Sanatorium für lungenkranke
Jüdinnen, das in dieser Zeit22 eine wechselvolle und unrühmliche Geschichte
erlebte.

Elf Wochen nach Hitlers Machtübernahme wandte sich das Bürgermeisteramt
am 20. 04. 33 schon an den damaligen Innenminister mit der Bitte, die
Rothschild'sche Stiftung solle nicht geschlossen und ins Ausland verlegt
werden, denn die Gemeinde und die gewerbetreibende Bevölkerung wären
dadurch hart betroffen, vor allem auch nachdem zu Beginn 1932 ein schwerer
Verlust durch die Schließung der Anstalt der LVA entstanden sei. Die
Anstalt beschäftige im übrigen außer zwei jüdischen Angestellten auch 16
christliche. In der Tat war die LVA-Lungenheilstätte in der Kolonie wegen
der wirtschaftlichen Gesamtsituation und der Finanzlage der LVA Baden
seit 01.01. 32 außer Betrieb genommen worden, wurde aber am 01. 08. 35
für erwachsene Kranke beiderlei Geschlechts wieder eröffnet23.

Nach den nationalsozialistischen „Rassengesetzen" durften Deutsche nicht
mehr für Juden arbeiten, so wurde das Personal im Rothschild'schen Sanatorium
teilweise von der Gemeinde in Dienst genommen. Im Jahre 1938
wurde die Rothschild'sche Stiftung aufgelöst und das Sanatorium der
Reichsvereinigung der Juden in Deutschland unterstellt. Die Reichskristallnacht
überstand die jüdische Heilstätte unbeschadet. Überhaupt verstand es
der damalige Bürgermeister Spitzmüller recht lange, dafür zu sorgen, daß
das Haus hier in Nordrach in Ruhe gelassen und die Juden im Dorf ordentlich
behandelt wurden. Doch der vom Innenminister genehmigten Aufnahme
männlicher Patienten in diesem Haus stimmte er nicht zu. Als Gründe
nannte er den Gemeinderäten „die Reibereien mit den arischen Gästen und
den damit verbundenen Rückgang der arischen Geschäfte und Sanatorien
"24.

In einem Brief an die Reichsvereinigung der Juden vom 13. 03. 41 schrieb
er deswegen: „Wenn auch das Ministerium in Karlsruhe die Sache seinerzeit
genehmigt hat, so geschah dies, ohne mich zu hören. Als Leiter der Gemeinde
sehe ich mich jedoch genötigt, gegen diesen Entscheid anzukämpfen
und warne Sie hiermit nochmals offiziell, männliche Juden nach hier zu
verlegen. Falls Sie trotz meiner Warnung Ihren Entschluß durchführen,
werde ich kein Mittel unversucht lassen und darauf hinarbeiten, daß nicht
nur die männlichen Juden hier verschwinden, sondern daß auch die hier bestehende
jüdische Anstalt aufhört zu existieren." Die Abschrift dieses Briefes
ans Landratsamt nach Wolfach führte am 09. 08. 41 zunächst zu unerwünschten
Folgen für den Bürgermeister. Vor Landrat Dr. Wagner, so heißt

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