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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
72. Jahresband.1992
Seite: 369
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zunehmend die Bürger und Handwerker die weltliche und geistliche Aristokratie
.

In der Schlacht von Hausbergen besiegte die Straßburger Bürgerschaft am
8.3.1262 ihren Bischof Walther von Geroldseck. Mit diesem Sieg wurde die
Unabhängigkeit der Stadt eingeleitet, Straßburg wurde Reichsstadt. Die
Leitung der Münsterarbeiten wurde dem Bischof entzogen und 1286 wurde
die Verwaltung des Frauenwerkes (so lautet bis heute der Name der Münsterbauhütte
) in kommunale Hände gelegt. Das Münster ist von nun an Sache
der Bürger. Deren religiöse und ästhetische Bedürfnisse und Interessen
haben nun auch - neben dem weiterhin grundlegenden Konzept der Kirche
- Einfluß auf die Gestaltung der Kathedrale. Worin diese Bedürfnisse bestehen
und wie sie umgesetzt werden, wird noch näher zu untersuchen sein.

Die lange dauernde Krise weltlicher wie geistlicher Macht, Kriege, Hungersnöte
und Pestepidemien prägen die Geisteshaltung der Menschen. Das 12.
und 13. Jahrhundert machen mit der Scholastik die Religion zur Vernunftsache
: Offenbarung und Glauben sind begreifbar, die Glaubensinhalte darstellbar
, beispielsweise in den Bildprogrammen der Kathedralen. Die Gelehrten,
die Universitäten entstehen und arbeiten an der Erforschung der Bibeltexte,
der Worte Gottes. Für die wissenschaftliche Hauptströmung jener Zeit, die
Scholastik, existiert eine Harmonie zwischen Wissen und Glauben.

Hauptvertreter der Scholastik - und Zeitgenossen des Münsterbaues - sind
Albertus Magnus (1193 - 1280) und Thomas von Aquin (1227 - 1274). Albertus
Magnus, Dominikaner, besaß ein außerordentliches philosophisches,
naturwissenschaftliches, theologisches und vor allem auch kabbalistisches
Wissen, so daß ihn seine Schüler „der Große" nannten - und ihn das Volk
als Zauberer verehrte.

In einer regelrechten Übersetzungswelle (schon 1141 war Petrus Venerabi-
lis, Abt von Cluny, nach Spanien gereist, um eine erste lateinische Übersetzung
des Koran zu organisieren) drang seit dem Anfang des 13. Jahrhunderts
griechisch-arabische Wissenschaft vom Süden Europas her in den
lateinischen Kulturraum ein - eines der entscheidenden Ereignisse der
europäischen Geistesgeschichte. Die Assimilation der neu übersetzten
Werke, Aristoteles vor allem, befähigte die Scholastik zu einer Synthese
aus traditionell-lateinischem und griechisch-arabischem wie jüdischem
Wissen. In ihr ließ sich das geistige Erbe der Kultur des Mittelmeerraumes
seit der Antike aufnehmen.

Aber schon im ausgehenden 13. Jahrhundert kündigt sich anderes Denken
an, das den Unterschied zwischen Theologie und Philosophie deutlich

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