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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
72. Jahresband.1992
Seite: 378
(PDF, 105 MB)
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zentraler Position des Farbspektrums, in der Mitte zwischen dem Weiß, das
das Auge erweitere, und dem Schwarz, das es zusammenziehe40.

Diese These hat weite Verbreitung besessen, war nicht nur in theologischen
Kreisen und ihrer Literatur aufzufinden. Wenigstens in einem der wichtigsten
weltlichen Werke der Zeit, in Hartmann von Aues „Erec" (geschrieben
zwischen 1180 und 1190) hat sie Eingang gefunden. Dort wird nämlich an
einer Stelle ein wundervolles, einzigartiges Pferd geschildert, das vollendet
schön und kostbar gewesen sei: auf einer Seite war es weiß, auf der anderen
schwarz - und genau in der Mitte verlief ein grüner Streifen: „der strich
grüene was unde lieht sam ein gras"41.

Hartmann war Ministeriale, er nannte sich Ritter und er hatte Schulbildung.
Bildung konnte er sich nur in den wenigen Kathedralschulen oder in den
häufigeren Klosterschulen erworben haben. Die Lehre vom Grün als Trennungsfarbe
von Weiß und Schwarz wird auf diesem Weg zu ihm und
schließlich in den „Erec" gedrungen sein; seine persönliche Erfindung jedenfalls
ist sie nicht.

Hier drängt sich sofort der Gedanke an die Tag- und Nachgleiche auf, die
den „grünen Strahl" zeitlich begleitet und im Münster ja erst hervorruft.
Genau in der Mitte zwischen Tag und Nacht, zwischen Dunkel und Hell, einen
grünen Streifen, Strahl oder Stab erscheinen zu lassen, ist also im Kontext
des oben Geschilderten völlig einsichtig.

Im gleichen Abstand zwischen dem Blau des Himmels und dem Rot der
Hölle ist Grün eine mittlere und vermittelnde Farbe, Farbe der Auferstehungserwartung
vor allem: für den Christen ist Grün die Farbe der Kardinaltugend
Hoffnung. „Grün wird zur Farbe des Paradieses und damit der
Hoffnung auf Unsterblichkeit"42. Grün ist oft auch verwendet worden im
Zusammenhang mit der Darstellung des Göttlichen: Der Thron Gottes besteht
beispielsweise aus grünem Jaspis (Offenb. Joh. 4,3).

Diese Symbolik der Farbe Grün als Hoffnungsträger hat sich bis heute,
auch und gerade im populären Denken, erhalten. Und daß sich eine politische
Bewegung der Gegenwart nach dieser Farbe benannt hat, bezieht sich
zwar primär auf die Farbe des Lebens und der Natur, deren Schutz die Partei
sich mit größtem Recht verschrieben hat. Das Prinzip Hoffnung, das damit
und nun wieder mit Grün verknüpft ist, kann aber als wesentliches
Symbol für diesen politischen Aufbruch wohl auch nicht verleugnet werden
.

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