Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
72. Jahresband.1992
Seite: 551
(PDF, 105 MB)
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nem erzählerischen Schatzkästlein sein
soll: Die unterschiedlichsten Charaktere
haben Eingang in das Buch gefunden. Neben
dem Ritter von Büß aus Zell a. H. findet
sich der Rheinregulator Oberst Tulla,
aber auch der aus dem Schwarzwald stammende
„Schweizer Sherlock Holmes" R.
A. Reiß. Brauchtum, Volksgut und steinerne
Zeugnisse ergänzen die erzählerischen
Schätze. Daß dabei immer wieder die
Mundart kleine Glanzlichter setzt, mag
daran erinnern, daß Kurt Klein im Jahre
1987 gefeierter Hebelgast auf dem Langen-
hardt war.

Mag in der hochliterarischen Welt in vergleichbaren
Bewertungen vom „Füllhorn"
und von der „Muse" die Rede sein: Zu Kurt
Klein paßt wohl eher das Bild von einem
lieben Onkel, dem bei seinem Besuch die
Kleinen in die Tasche greifen dürfen und
den sie aber dennoch mehr um seiner Geschichten
als um der Süßigkeiten willen
lieben. Erich Hermann

Carl Knapp, „D'r »Schiller' in d'r Krü-
tenau", Parodien bekannter Balladen in
elsässischer Mundart, erläutert von
Raymond Matzen. Mörstadt Verlag,
Kehl, 1992.

Man mag sich fragen, ob es nötig ist, heute
eine Neuausgabe des „Schillers in der Krü-
tenau" zu besprechen. Jeder kennt das
schmale Bändchen: die Freunde Straß-
burgs, die Liebhaber der literarischen Parodie
, die Verehrer der elsässischen Mundart
. Doch verdient es diese Auflage sehr
wohl gerade in einer wissenschaftlichen
Zeitschrift angekündigt zu werden, bietet
das Büchlein doch auch jenen, die die witzigen
Texte schon kennen, im neubearbeiteten
und erweiterten Rahmentext wertvolle
Informationen. Carl Knapp, der respektlos
die Klassiker der Balladendichtung auf
den Kopf gestellt hat, ist, Ironie der Rezeption
, längst selbst zum Klassiker geworden
(immerhin geht jetzt die 21. Auflage über
den Ladentisch) und sein Werk wird nach
allen Regeln der Literaturwissenschaft aufbereitet
und vorgeführt. Der hochkarätige
Herausgeber, der in unserem Raum wohlbekannte
Leiter des dialektologischen Instituts
der Universität Straßburg, Raymond
Matzen, setzt neben die Vorlagen von
Schiller, Goethe, Uhland und Chamisso
zwei Dialektparodien; die eine, im Faksimile
, ist die Erstfassung von 1902, die
zweite, die „genormte", schuf Matzen auf
der Grundlage des Druckes von 1903, indem
er „die phonetischen, lexikalischen
und morphologischen Unstimmigkeiten,
die in der Originalfassung auf auswärtige,
teils hochdeutsche, teils ländliche Einflüsse
zurückzuführen waren", vermeidet. Vergleicht
man die beiden nebeneinander angeordneten
Versionen, so wird man manche
reizvolle mundartliche und poetische
Unterschiede finden. Dabei hilft das umfangreiche
Glossar, das nicht nur die hochsprachlichen
Entsprechungen der Dialektausdrücke
nennt, sondern auch viele
zeitlich und räumlich gebundene Formulierungen
erläutert und damit eine kleine Kulturgeschichte
Straßburgs der Jahrhundertwende
nebenbei mitliefert; sein Studium
bietet allein schon ein großes Vergnügen.
Da Knapps Parodien nicht nur gelesen,
sondern auch vorgetragen werden sollen,
erhalten deutsch- (und französisch-)spre-
chende Kleinkünstler Nachhilfe durch eine
breitangelegte Lautlehre.
Als literarische Sensation berichtet Matzen
, wie er und seine Freunde die Person
des Autors identifizierten. Fast 90 Jahre
lang kannte man zwar Namen und Werk,
aber nicht den Menschen Carl Knapp und
sein Leben. Nun ist das Geheimnis gelüftet
, und Matzen kann die Stationen von
Knapps Existenz nachzeichnen, die - ein
typisches deutsch-elsässisches Schicksal -
nicht so fröhlich waren wie seine Verse.
Am Schluß sei auf die vorzügliche graphische
Ausstattung des Bändchens hingewiesen
. Die realistischen, der Jahrhundertwende
nachempfundenen Bilder von Eugene
Henri Cordie geben eine herzhafte eigene
Interpretation der einzelnen Balladen.
Eine ausführliche Knapp-Bibliographie

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