http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1993/0142
Heimlich bei Nacht und Mondenschein sollt ihr sie
begraben!
Über mittelalterliche Siedlungsspuren auf dem „Rettig" in
Baden-Baden, eine ungewöhnliche Bestattung und den Aberglauben
Ein Bericht zu den laufenden Ausgrabungen*
Peter M. Knierriem und Elke Löhnig
Vorwort
Seit der Fertigstellung des Berichts zu den archäologischen Ausgrabungen
auf dem „Rettig" für das letztjährige Jahrbuch des Historischen Vereins ist
mittlerweile ein ganzes Jahr vergangen. Dieses Jahr, in dem die Ausgrabungsarbeiten
nur während einer kurzen Winterpause ruhten, brachte erwartungsgemäß
eine Vielzahl an neuen Funden und Erkenntnissen zur antiken
und nachrömischen Geschichte dieses „Stadtteiles".
Das Hauptaugenmerk des vorliegenden Berichtes gilt dieses Mal nicht -
wie es vielleicht zu erwarten stünde - den römischen Überresten, im Mittelpunkt
der Betrachtungen sollen vielmehr die nicht minder interessanten
Relikte einer spätmittelalterlichen Ansiedlung stehen, die Jahrhunderte
nach der römischen Epoche das Bild des Rettigs prägte. Der erste Teil des
folgenden Berichtes dient zunächst der Beschreibung und Erklärung der
freigelegten Gebäudereste, der darauf folgende Abschnitt ist einem ungewöhnlichen
Fund aus dem Gebäudeinneren gewidmet. Ein Fund, der uns
in seiner kulturhistorischen Bedeutung in die Welt des mittelalterlichen
Aberglaubens führen soll.
Der „Rettig" im Mittelalter
Das Grabungsareal liegt deutlich außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauer
. Die ältesten verfügbaren Karten und Ansichten zeigen das Gebiet - soweit
identifizierbar - unbebaut und mit Baumbestand. Die älteste aus Urkunden
erschließbare Bebauung entstand erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts1
. Für die Zeit des Mittelalters und der Frühneuzeit konnte bisher bestenfalls
eine landwirtschaftliche Nutzung angenommen werden. Diesem
Bild entsprachen zunächst auch die Funde, die im Verlauf der Ausgrabungen
geborgen werden konnten. Schon im Verlauf der ersten Grabungskam-
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