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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 434
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großer sprachlicher Prägnanz wie bei Bismarck und, ihm nicht unähnlich,
bei Winston Churchill - zogen sie Bilanz, verteidigten die Notwendigkeiten
ihres politischen Handelns und rechneten mit den Epigonen ab, mitunter
so indiskret und sogar gehässig, daß Bismarcks dritter Band nicht hätte
erscheinen sollen, ehe die Beteiligten alle tot waren. Sie retouchierten, beschönigten
und fälschten, wie es Fürst Bülow tat, rechtfertigten den Weg,
der ins Verhängnis führte, wie bei Bethmann-Hollweg und Papen, klagten
an, sich selbst, wie Albert Speer, und andere, wie Brüning15. Auch in Baden
gab es Memoiren: Adam Remmele schrieb sie als nüchternen Bericht
über die Umsturzjahre 1918/1916, Prinz Max von Baden als leidenschaftliches
politisches Credo17, Heinrich Köhler als Rechenschafts- und Finanzbericht
über seine Zeit als Reichsfinanzminister18. Willy Hellpach knüpfte
an hohe literarische Vorbilder an und erzählte in geistreicher Form über
sein - so der Titel - „Wirken in Wirren". Auf ihn ist noch zurückzukommen19
.

Im gleichen Jahr wie Hellpachs erster Band erschien auch (1948) von Julius
Curtius „Sechs Jahre Minister der deutschen Republik", ein Kapitel deutscher
Außenpolitik, faktengestützt und von hoher Objektivität20. Hermann
Hümmels Werk war offenbar nicht zur Veröffentlichung bestimmt, vielleicht
auch deshalb, weil sich für ihn damals (1936) kein Verleger gefunden
hätte. Was Hummel schreibt, stammt aus der Perspektive der noch
nicht abgeschlossenen NS-Zeit angesichts der größten außenpolitischen
Erfolge des nationalsozialistischen Deutschland. Wie es weitergehen würde
, konnte er nicht wissen, und was er niederschrieb, geschah ohne Kenntnis
der sich erst anbahnenden militärischen Abenteuer Hitlers, der Zerstörung
Deutschlands und des Holocaust. Im Gegensatz zu den Werken derer
, die nach 1945 alles schon vorher gewußt hatten und sich als Warner
aufspielen konnten, trägt Hümmels Werk den Charakter der Gleichzeitigkeit
. Seine politischen Urteile und Analysen sind zeitgebunden, doch sie
offenbaren auch die Klarheit seines Blicks. Dabei ging es ihm um die Sache
. Persönliche Erlebnisse fließen nur selten ein, die familiären Dinge treten
völlig in den Hintergrund - nur dort, wo ihn eine Krankheit verhinderte
, die ersten Novembertage 1918 intensiv zu erleben, wird das Individuelle
wichtig und ebenso bei der anschließenden abenteuerlichen Reise von
Berlin nach Karlsruhe21.

Die Neugierde des Historikers, eine wichtige Triebkraft für seine Recherchen
, sucht vergeblich nach Indiskretionen und Klatsch. Doch der Historiker
ist befriedigt zu sehen, daß sich Hummel nicht allein auf sein Gedächtnis
verläßt, das unzuverlässigste Instrument, das wir besitzen. Vielmehr
objektiviert er seine Berichte durch das Zitat von Quellen. Die Abschiedsurkunde
Remmeles vom 13. 11. 1922 zitiert er wörtlich: das erhaltene

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