http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1994/0300
Sohnes trifft sich mit dem Blick der in Jammer die Arme ausbreitenden
Maria. Ihr gegenüber steht Johannes, das Evangelium in der Linken haltend
. Den starken Zug zum Sinnbild in der altdeutschen Kunst zeigt auch
dieses Bild. Nun ist das Sterbliche an Christus, sein Leib, kleiner gezeichnet
als Maria und Johannes, die Verkünder seines Geistes, der von
nun an wachsen soll. Dieses gedankliche Zwiespiel, welches die Künstler
im Mittelalter immer wieder aufgegriffen und variierten, hat seine gewaltigste
Lösung in Grünewalds Kreuzigung des Isenheimer Altars gefunden
. Von dem folgenden Bild ist, ähnlich wie bei der Pilatusszene, nur ein
kleiner Ausschnitt erhalten, der leider nicht mehr genügt, um Klarheit
über den Inhalt des Dargestellten zu bekommen. Man könnte bei den
zwei sich gegenüberstehenden Figuren, von denen die rechte in ihrem
flatternden Gewand an einen Engel erinnert, an eine Szene in der Vorhölle
denken. Glücklicherweise hat das nächste Bild der Grablegung nur
weniger wichtige Teile verloren. Auf einem aus Steinen aufgemauerten
Grabe ist der Leichnam Christi aufgebahrt. Maria umarmt ihn mit einer
ausdrucksvollen Geste. Die sanfte Neigung, mit welcher Johannes das
Haupt Christi stützt, verleiht dem Ganzen einen tröstlichen Ausdruck.
Der Zyklus endet mit der Auferstehung. Erschreckt fahren die beiden Engel
vor dem aus dem Grabe steigenden Heiland, der in seiner Linken die
Osterfahne hält, zurück. Der durchgeistigte Ausdruck seines Kopfes ist
neben der Gestalt des Gegeißelten das Bewunderungswürdigste des
Ganzen.
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